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Der Supreme Court in den USA ist verblendet
Wer eine rassistisch diskriminierten Gruppe angehört, hat in den USA zukünftig weniger Chancen auf einen Universitätsabschluss. Gerecht is das nicht.
Der Oberste Gerichtshof der USA hat entschieden, dass es für Angehörige rassistisch diskriminierter Gruppen bei der Zulassung zum Studium keine begünstigten Kriterien mehr geben darf. Damit entzieht er vielen von ihnen eine der wenigen verbliebenen Aufstiegschancen. Für die betroffenen Gruppen ist das Urteil ein Schlag ins Gesicht: Niemand im politischen Mainstream stellt ihnen eine Wiedergutmachung für Sklaverei und jahrhundertelange Ausgrenzung in Aussicht. Wenn ihnen bescheidene Ausgleichsregeln zugestanden werden, ist plötzlich von »positiver Diskriminierung« die Rede. »Die Verfassung ist farbenblind«, schrieb der konservative Richter Clarence Thomas in seiner Urteilsbegründung. Doch wie die Richterinnen Sonia Sotomayor und Ketanji Brown Jackson zurecht anmerkten: Geschichte und Gesellschaft der USA sind es nicht.
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Das Urteil gilt sowohl für private als auch öffentliche Universitäten: Das Arbeitsrecht betrifft es zwar nicht unmittelbar, doch schafft es einen Präzedenzfall, der wohl bald dafür verwendet werden wird, Antidiskriminierungsregeln in allen Lebensbereichen zu schleifen. Besonders zynisch ist, dass Militärakademien von dem Urteil explizit ausgenommen wurden: Als Kanonenfutter sind Minderheiten dem US-amerikanischen Staat weiterhin willkommen.
Doch auch am Ist-Zustand gab es auch linker Sicht durchaus legitime Kritik: So füllten die Universitäten ihre Quoten etwa häufig mit den Kindern der Oberschicht aus dem Globalen Süden, statt sozioökonomische Marginalisierung im In- und Ausland zum Hauptkriterium zu machen. Auch wäre ein noch so gerechtes Bildungswesen kein Ersatz für einen Sozialstaat. Dass sich die Klassenfrage nicht vom Kampf gegen Diskriminierung abspalten lässt, sickert erst langsam in das öffentliche Bewusstsein des liberalen Amerika ein.
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