Kinderarmut: Gewollte Ungleichheit

Über die Ursachen von Kinderarmut in Deutschland

Echte Chancengleichheit ist in kapitalistischen Gesellschaften nicht zu erwarten. Doch in Deutschland werden die Möglichkeiten, die das System bietet, um für alle Kinder gesellschaftliche Teilhabe und menschenwürdige Wohnverhältnisse zu gewährleisten, noch schlechter genutzt als anderswo. Die zahllosen Studien, die der Bundesrepublik eine besonders enge Korrelation zwischen den geistigen und materiellen Ressourcen des Elternhauses sowie den Perspektiven Jugendlicher bescheinigen, legen davon ebenso ein beredtes Zeugnis ab wie die am Mittwoch veröffentlichten Daten des Statistischen Bundesamtes zur Kinderarmut. Zugleich spiegelt die Verlautbarung der Datenauswertungsbehörde den Trend zur Beschönigung von Verhältnissen, indem sie nur von »Armutsgefährdung« spricht.

Die Bundesregierung, die sich als »Fortschrittskoalition« bezeichnet, hatte die Einführung einer Kindergrundsicherung – und die Beseitigung der Kinderarmut – als eines ihrer wichtigsten Ziele benannt. Doch weder über deren konkrete Gestaltung noch über die Gelder, die dafür bereitgestellt werden, besteht Einigkeit. Denn die FDP ist eigentlich der Meinung, dass »mehr Geld« Eltern nur zur Faulheit verleite. Folgerichtig blockiert FDP-Finanzminister Lindner eine angemessene Finanzierung der Leistung.

Dass SPD und Grüne dabei vorm kleinsten Koalitionspartner einknicken, zeigt, wie ernst es ihnen mit der Armutsbekämpfung ist. Das wird nicht zuletzt in der Debatte um die Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns deutlich. Dessen einmalige spürbare Erhöhung letztes Jahr ist längst von der Inflation gefressen. Dabei wären gute Arbeit und existenzsichernde Löhne die beste Medizin gegen Armut. Doch der Regierung fehlt der Wille, eine angemessene Untergrenze durchzusetzen.

- Anzeige -

Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.

Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.

Dank Ihrer Unterstützung können wir:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln

Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.