Einzelhandel: Hinhaltetaktik der Unternehmer

Jana Frielinghaus über das Ringen um Tariferhöhungen im Handel

Die Gewinne im Handel sprudeln wieder. Bei den Lebensmitteldiscountern gab es nicht mal in Corona-Zeiten einen Einbruch. Doch die fünf Millionen Beschäftigten der Branche – zwei Drittel von ihnen Frauen –, ohne die nichts laufen würde, werden noch immer besonders mies bezahlt. Ihre von inflationsbedingtem Reallohnverlust geprägte Lage ist besonders prekär, weil sie mehrheitlich in Teilzeit arbeiten, oft unfreiwillig. Es ist also mehr als berechtigt, wenn sie, wie diesen Freitag und Samstag, vielerorts für höhere Löhne streiken. Denn von Beifall können sich auch diese vergessenen Heldinnen der Pandemie nichts kaufen.

Bei den Forderungen der Gewerkschaft – im Einzel- und Versandhandel Anhebung der Stundenlöhne um 2,50 Euro und der Ausbildungsvergütung um 250 Euro monatlich, im Groß- und Außenhandel um 13 Prozent, mindestens aber um 400 Euro im Monat – wäre nicht mehr gewährleistet als Inflationsausgleich und existenzsichernde Bezahlung. Doch die Handelsverbände haben sich dem in drei Verhandlungsrunden verweigert. Der bislang geltende Tarifvertrag ist Ende Mai ausgelaufen, und die vierte Runde startet erst Ende August.

Die Hinhaltetaktik der Unternehmerverbände dürfte auch damit zu tun haben, dass Verdi von ihnen eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung fordert. Damit könnten sich auch jene Beschäftigten auf die Standards des Tarifvertrags berufen, die nicht für große Ketten wie Aldi, Ikea oder H&M malochen. Gerade für diejenigen, die in den Hunderttausenden Kleinunternehmen arbeiten, wäre das ein großer Fortschritt. Natürlich ist es für diese Unternehmen angesichts der Nachwehen der Pandemie und in Zeiten von Amazon und Co. schwierig, über die Runden zu kommen. Es kann jedoch nicht angehen, dass sie ihr Geschäft auf dem Rücken der Mitarbeitenden aufrechterhalten und ihnen nur den Mindestlohn zahlen.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das beste Mittel gegen Fake-News und rechte Propaganda: Journalismus von links!

In einer Zeit, in der soziale Medien und Konzernmedien die Informationslandschaft dominieren, rechte Hassprediger und Fake-News versuchen Parallelrealitäten zu etablieren, wird unabhängiger und kritischer Journalismus immer wichtiger.

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!

Unterstützen über:
  • PayPal