China und USA: Profitabler Rivale

Von den Schwierigkeiten der USA, ihre Technologiekonzerne als geopolitische Waffen gegen China einzusetzen

Sicherung US-amerikanischer Dominanz: Präsident Joe Biden spricht auf der Baustelle für die Intel-Chip-Fabrik in New Albany, Ohio
Sicherung US-amerikanischer Dominanz: Präsident Joe Biden spricht auf der Baustelle für die Intel-Chip-Fabrik in New Albany, Ohio

Von seinem Vorgänger Donald Trump übernommen hat US-Präsident Joe Biden den aggressiven Kurs in der Außenwirtschaftspolitik. Schon Trump setzte Zölle und Wirtschaftssanktionen ausgiebig ein, insbesondere gegen China. Biden hat diese Strategie nochmal ausgeweitet. Nächste Woche wird er voraussichtlich weitere Auflagen für die Lieferung von Computerchips nach China beschließen. Allerdings zeigt der laufende »Technologiekrieg« anschaulich, wie schwierig es selbst für die USA ist, China ökonomisch zu schädigen und gleichzeitig an ihm zu verdienen.

Die US-Regierung setzt ihre ökonomische Macht zunehmend als Waffe ein. So lag die Anzahl neu beschlossener Wirtschaftssanktionen gegen ausländische Staaten, Institutionen und Personen unter den Regierungen Bush und Obama bei rund 500 pro Jahr. Unter Trump verdoppelte sich diese Zahl. Im vergangenen Jahr erreichte sie dann 2500, vor allem wegen der Maßnahmen gegen Russland. Aber auch der Handel mit China wird fortschreitend eingeschränkt. Im Fokus steht hier der Technologiesektor. So schnitt Trump den chinesischen Tech-Riesen Huawei vom Zugang zu Hochleistungs-Computerchips aus US-Produktion ab, um seinen Aufstieg zu bremsen.

Von Trump zu Biden

Bei Entwicklung und Produktion modernster Halbleiter haben die USA eine global starke Position dank heimischer Konzerne wie Intel, Qualcomm, Nvidia und anderen. Das macht sich die Biden-Regierung zu Nutze: Zielte Trump noch auf ein einzelnes chinesisches Unternehmen, so schränkte die Biden-Regierung im vergangenen Oktober den gesamten Export mondernster Chips nach China ein. Zudem blockiert sie die Lieferung von Geräten und Maschinen, die es der Volksrepublik ermöglichten könnten, selbst mondernste Chips herzustellen. Laut Planungen Washingtons sollen diese Sanktionen noch ausgeweitet werden auf weniger leistungsfähige Halbleiter. Zudem könnte nächste Woche auch beschlossen werden, Investitionen von US-Technologiefirmen in China zu beschränken.

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Ziel der US-Regierung ist es, Chinas ökonomische wie auch militärische Entwicklung zu bremsen und dadurch die Dominanz der USA zu erhalten. Im Bereich Technologie »muss unser Vorsprung so groß wie möglich bleiben«, erklärte Bidens Sicherheitsberater Jake Sullivan im Juli. Allerdings zeigt das Vorgehen Washingtons auch eine Schwäche, auf die Hal Brands vom Nachrichtendienst Bloomberg hinweist: »Die ernüchternde Erkenntnis ist, dass die USA den Wettbewerb mit China nicht gewinnen können, indem sie schlicht schneller sind – sie müssen China gleichzeitig ausbremsen.«

Die USA beschränken also die Lieferung modernster Chips in die Volksrepublik. Zudem wird – ähnlich wie in Europa – mit Milliardensubventionen die heimische Chip-Produktion massiv ausgebaut, um die USA unabhängig von Lieferungen aus Asien zu machen. Bei dem Versuch, für Technologiekonzerne weltweit zum lukrativen Standort zu werden, kommen den USA allerdings die Chinesen in die Quere. Denn Peking gibt selbst Milliarden dafür aus, um die Produktion jener Computerchips hochzufahren, die noch nicht unter die US-Sanktionen fallen. Bis zum Jahr 2026 sollen dort 26 neue Halbleiterwerke entstehen, in den USA lediglich 16.

In den USA wird nun ein Preiskrieg erwartet, der die heimische Chip-Produktion schädigen könnte. »China subventioniert den Aufbau massiver Überkapazitäten bei älteren Generationen von Computerchips«, warnte US-Handelsministerin Gina Raimondo vor zwei Wochen. Sollte die Volksrepublik ihre Produktion in Massen auf den Markt werfen, könnte dies ausländische Wettbewerber ruinieren. Als Folge drohten neue Abhängigkeiten der USA oder ihrer Partner von Chinas Lieferketten. Zwar könnte Washington den Kauf chinesischer Chips theoretisch auch einfach verbieten. Damit allerdings entstünde den Technologieunternehmen der USA ein Kostennachteil, da sie von billigen chinesischen Chips abgeschnitten würden.

So gerät das politische Ziel der technologischen Beherrschung Chinas immer mehr in Konflikt mit den betriebswirtschaftlichen Kalkulationen der Industrie. So sollen sich einerseits die Chip-Produzenten der Welt in den USA ansiedeln. Dies aber wird für sie unattraktiv, je mehr ein Preiskrieg mit chinesischen Chipfabriken droht, der ihre Renditen gefährdet. Schließlich ist die Chip-Produktion in den USA noch immer rund 50 Prozent teurer als in Asien.

In der Folge beschweren sich die Konzerne zunehmend bei der US-Regierung und fordern mehr Zurückhaltung gegenüber China. Im vergangenen Monat sprachen die Chefs von Nvidia, Qualcomm und Intel in Washington vor und verwiesen darauf, dass ihnen Milliarden im Geschäft mit China entgingen – Milliarden, die sie bräuchten, um die politisch gewünschten Chipfabriken in den USA zu bauen. Schließlich ist China ein riesiger Produzent von Konsumelektronik und daher der weltgrößte kommerzielle Markt für Massenchips. Bislang bescherte es Nvidia ein Fünftel seines globalen Umsatzes, bei Intel ist es ein Viertel und bei Qualcomm sogar über die Hälfte.

Die Chefs beschweren sich

Sollte China zum Gegenschlag ausholen und das Geschäft mit den US-Konzernen unterbinden, könnte dies die US-Chip-Produzenten Jahreseinnahmen von 83 Milliarden Dollar kosten, errechnet die US-Handelskammer. Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung in der Branche fielen dann um zwölf Milliarden jedes Jahr. Gleichzeitig öffnete sich die Tür für den Aufstieg von US-Wettbewerbern aus anderen Ländern, die das China-Geschäft übernähmen.

Gegenüber Außenminister Anthony Blinken wurde Intel-Chef Pat Gelsinger daher deutlich: »Derzeit steht China für 25 bis 30 Prozent unserer Halbleiterexporte. Wenn mein Markt um 20 bis 30 Prozent schrumpft, brauche ich weniger Fabriken.« Ohne Aufträge aus China verfüge Intel über weniger Mittel, um zum Beispiel das geplante Fabrikprojekt im US-Bundesstaat Ohio voranzutreiben. Und zudem entgingen dem Konzern Mittel zur Forschung und Entwicklung neuer Chipgenerationen und neuer Technologien. Und damit wäre Washingtons Projekt einer dauerhaften technologischen Dominanz gefährdet. Kurz: Die USA brauchen Chinas Geld, um China zu dominieren.

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