Cannabis-Legalisierung: Kiffen im Bundeskabinett

Bundesregierung will Cannabis-Gesetz beschließen

Als die Ampel-Koalition sich Ende 2021 auf das gemeinsame Regieren geeinigt hatte, erklärte sie das neue Bündnis zur »Fortschrittskoalition«. Fortschritt war dabei vor allem gesellschaftlich gedacht; was mit der CDU nicht möglich war, wollte die Ampel möglich machen. Eins dieser Fortschrittsversprechen: die Cannabis-Legalisierung. Große Ziele hatten sich SPD, Grüne und FDP vorgenommen. Träume von Deutschland als Cannabis-Eldorado wuchsen.

Geblieben ist von diesen Träumen nicht viel, Ernüchterung machte sich bei Cannabis-Freund*innen breit, als Gesundheitsminister Karl Lauterbach im Frühjahr gemeinsam mit Landwirtschaftsminister Cem Özdemir die Pläne der Bundesregierung vorgstellte. Größer wurde die Freude auch nicht, als vor einigen Wochen der gut 160 Seiten dicke Entwurf mit dem Titel »Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften« veröffentlicht wurde.

Diesen Entwurf will das Bundeskabinett jetzt beschließen. In einem ersten Schritt soll der private Anbau von drei Cannabispflanzen erlaubt werden. Außerdem können sich Cannabis-Freund*innen in Anbauclubs (Cannabis Clubs) zusammenschließen. Die Clubs dürfen maximal 500 Mitglieder haben und an jeden Einzelnen 25 Gramm Cannabis am Tag abgeben. Was erstmal einfach und praktikabel klingt, wird bei einem Blick in den Gesetzentwurf kompliziert.

Der Deutsche Hanfverband setzt sich seit 20 Jahren für die Legalisierung von Cannabis ein. Aus einer ausführlichen Stellungnahme zum Gesetzentwurf hat der Verband fünf besonders gravierende Kritikpunkte hervorgehoben. An erster Stelle wird dabei das geplante Konsumverbot in den Räumlichkeiten der Anbauvereinigungen genannt. Dieses sei »vollkommen unrealistisch und auch unsinnig«. Der Gesetzgeber schränke damit das Sozialleben von Clubs ein, das sei schädlich für die Motivation der Mitglieder und störe auch die soziale Kontrolle, die gemeinsamer Konsum erzeuge.

Um Konsum geht es auch bei der geplanten Abstandsregelung. 200 Meter um Schulen, Kitas, Spielplätzen, Jugendeinrichtungen und Anbauclubs soll kein Cannabis in der Öffentlichkeit konsumiert werden dürfen. Im Netz erstellte Karten zeigen, dass der legale Joint auf dem Bürgersteig so mehr oder weniger unmöglich wird. Auch der stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei Alexander Poitz kritisierte kürzlich gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland die geplanten Abstandsregeln. Er hoffe nicht, dass man im Gesundheitsministerium glaube, dass seine Kolleg*innen künftig »die geforderte 200-Meter-Distanz zwischen einem Konsumenten und einer Kita mit dem Zollstock nachmessen«.

Ein anderer Punkt, der dem Hanfverband Sorgen macht, ist der Privatanbau. War bei der Vorstellung der Regierungspläne im Frühjahr noch die Rede von drei weiblichen blühenden Pflanzen, wird im Gesetzentwurf nur noch von drei Pflanzen gesprochen. Stecklinge oder männliche Pflanzen könnten also mitgezählt werden. Auch eine Mengenangabe für den Eigenanbau ist nicht genannt. Möglich also, dass, wer selbst anbaut, sich schnell strafbar macht. 30 Gramm Ertrag sollten ohne größere Kenntnisse erzielt werden können. Im Weiteren kritisiert der Verband, dass kleine Verstöße, etwa der Besitz von 26 Gramm, direkt zur Strafandrohung führen. Besser sei es, einen Übergangsbereich zu schaffen, in dem Verstöße als Ordnungswidrigkeiten geahndet werden.

Massiv kritisiert auch der Linke-Politiker Ares Gürpinar den Gesetzentwurf. Im Gespräch mit »nd« sagt der Bundestagsabgeordnete, die Ampel habe »eine vollumfängliche Cannabislegalisierung versprochen«. Davon könne »keine Rede mehr sein«. Gürpinar kritisiert Mengen- und Abstandsregeln und bürokratische Hürden für die Anbauvereine. Außerdem fehlten »ein gut durchdachtes Präventionskonzept sowie eine klare Neuregelung der THC-Grenzwerte im Straßenverkehr«. Für den Bundestagsabgeordneten ist es »hanebüchen, wie schlecht ein solcher Entwurf aussehen kann«. Es brauche eine sozial gerechte und gesundheitsorientierte Umsetzung des Vorhabens. Gürpinar will sich im weiteren Gesetzgebungsprozess für Verbesserungen einsetzen.

Wie auch immer die Ampel-Pläne weitergehen, sie könnten sich schnell in Rauch auflösen. Geplant ist ein Gesetzgebungsverfahren ohne Bundesrat. Widerstand in Form von Klagen, etwa aus Bayern, ist aber möglich. Auch die EU könnte sich noch einmischen. Der Weg zum legalen Joint, er könnte noch ein weiter sein.

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