- Politik
- Bundestag
Richterwahl im Bundestag: Stimmen der Linken benötigt
Am Mittwoch sollen neue Richter*innen für das Bundsverfassungsgericht gewählt werden
Josef Christ ist eigentlich schon im November 2024 altersbedingt aus seinem Amt als Richter am Bundesverfassungsgericht ausgeschieden. Aber er ist weiter geschäftsführend im Amt, weil es bisher keine Nachfolge gibt. Die Besetzung der Karlsruher Richterstellen ist ein politischer Akt. Am Bundesverfassungsgericht gibt es 16 Richter*innen. Vorschläge für acht Posten darf der Bundesrat machen, die Vorschläge für die andere Hälfte kommen vom Bundestag. Dort galt bislang die Absprache, dass CDU und SPD je drei Richter*innen vorschlagen und Grüne sowie FDP jeweils einmal das Vorschlagsrecht hatten. Gewählt wurde unter den beteiligten Parteien dann einvernehmlich, denn für die Wahl von Richter*innen am Bundesverfassungsgericht braucht es eine Zweidrittelmehrheit.
Unser täglicher Newsletter nd.Kompakt bringt Ordnung in den Nachrichtenwahnsinn. Sie erhalten jeden Tag einen Überblick zu den spannendsten Geschichten aus der Redaktion. Hier das kostenlose Abo holen.
Im Januar kam die Wahl eines Nachfolgers für Josef Christ nicht mehr zustande, wohl auch weil die Grünen Bedenken beim Vorschlag von CDU und CSU hatten. Der Bundesverwaltungsrichter Robert Seegmüller soll den Grünen zu migrationskritisch gewesen sein. Im Mai setzten sich die Richter*innen des Bundesverfassungsgerichts dann zusammen und unterbreiteten dem Bundestag drei Vorschläge. Das darf das Gericht, wenn sich bei der Richterwahl im Bundestag nichts bewegt. Mit der Vorschlagsliste des Bundesverfassungsgerichts setzt auch eine Frist von drei Monaten ein, nach der die Wahlmöglichkeit vom Bundestag auf den Bundesrat übergeht. Eine Gesetzesänderung aus dem vergangenen Jahr, die das Verfassungsgericht gegen politisch motivierte Blockaden absichern soll.
Will der Bundestag nun aber von seinem Recht Gebrauch machen, muss es schnell gehen, denn bald beginnt die parlamentarische Sommerpause. An diesem Montag soll der Wahlausschuss über die Kandidat*innen beraten, am Donnerstag gewählt werden. Auf dem Weg dahin gibt es aber noch mindestens zwei Probleme. Erstens: CDU/CSU, SPD und Grüne brauchen Die Linke für eine Zweidrittelmehrheit. Zweitens: Neben der Nachfolge von Christ sind noch zwei weitere Richter*innenposten zu besetzen. Für beide hat die SPD das Vorschlagsrecht. Bei Frauke Brosius-Gersdorf haben Unionsabgeordnete allerdings schon Widerspruch angekündigt, weil sie Abtreibungsbefürworterin ist.
Die anderen beiden Posten sind weniger kontrovers. Ann-Katrin Kaufhold, Professorin an der Ludwig-Maximilians-Universität München, wurde von der SPD vorgeschlagen. Das Richteramt von Josef Christ soll von Bundesarbeitsrichter Günter Spinner übernommen werden. Ihn hatten die Richter des Bundesverfassungsgerichts ganz oben auf ihre Liste gesetzt. Die CDU macht sich diesen Vorschlag nun zu eigen.
Die Mehrheit für die Wahl der drei Richter*innen hängt nun von der Linken ab. Dafür fordert sie eine Beteiligung. »Wir wollen, dass der Nominierungsschlüssel verändert wird und uns auch eine Nominierung zusteht«, sagte Parteichef Jan van Aken vor wenigen Tagen der »Rheinischen Post«. »Natürlich darf die CDU dann jemanden vorschlagen, den wir mitwählen würden, auch wenn er nicht unser Herzenswunsch ist. Dafür dürfen wir aber genauso jemanden vorschlagen, der nicht Herzenswunsch der CDU ist.«
Das Problem nun: Bislang zeigt sich die CDU nicht gesprächsbereit. Wie bei der Verweigerung, Heidi Reichinnek, Ines Schwerdtner und Tamara Mazzi in Bundestagsgremien zu wählen, droht die CDU mit Blockade und verweist auf ihren Unvereinbarkeitsbeschluss. »Ohne Die Linke geht es diesmal nicht – und genau deshalb braucht es einen demokratischen Konsens. Doch die Union blockiert bisher Gespräche und versucht, uns mit der AfD in einen Topf zu werfen«, sagte Clara Bünger, rechtspolitische Sprecherin der Linken der »FAZ«.
Ob sich die Union bewegt, ist ungewiss. Die nächsten Richterposten hat der Bundestag erst 2029 zu besetzen. Eine harte Zusage für einen Richterposten in vier Jahren wird Die Linke von der CDU wohl kaum bekommen.
Wir haben einen Preis. Aber keinen Gewinn.
Die »nd.Genossenschaft« gehört den Menschen, die sie ermöglichen: unseren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die mit ihrem Beitrag linken Journalismus für alle sichern: ohne Gewinnmaximierung, Medienkonzern oder Tech-Milliardär.
Dank Ihrer Unterstützung können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ Themen sichtbar machen, die sonst untergehen
→ Stimmen Gehör verschaffen, die oft überhört werden
→ Desinformation Fakten entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und vertiefen
Jetzt »Freiwillig zahlen« und die Finanzierung unserer solidarischen Zeitung unterstützen. Damit nd.bleibt.