Werbung

Evergrande ist nicht China

Die Pleite des Immobilienentwicklers aus Shenzhen zeigt, dass sich Chinas Wirtschaft wandeln muss

  • Julian Hitschler
  • Lesedauer: 2 Min.
Die Wohnsiedlung Evergrande Mingdu der Evergrande Group in Huai'an, Provinz Jiangsu
Die Wohnsiedlung Evergrande Mingdu der Evergrande Group in Huai'an, Provinz Jiangsu

Seit Jahrzehnten prognostizieren westliche Kommentatoren im regelmäßigen Abstand ein Ende des chinesischen Wachstumsmodells – bisher behielten sie unrecht. Die Volksrepublik war bis jetzt immer in der Lage, sich neuen Herausforderungen anzupassen. Die Pleite von Evergrande, des zweitgrößten Immobilienentwicklers im Land, offenbart trotzdem, dass Chinas bisheriges Erfolgsrezept an seine Grenzen gerät.

Über 30 Prozent der Wirtschaftsleistung fielen zeitweise auf den Immobiliensektor, der Kauf einer Wohnung ebnete für viele Chinesinnen und Chinesen den Weg in die Mittelschicht und zum Vermögensaufbau. Doch das Finanzierungsmodell für den Boom war mehr als fragil, Evergrande und andere Firmen nutzten die Einlagen zukünftiger Wohnungsbesitzer, um immer neue Projekte zu beauftragen, wobei sie auf stetige Nachfrage und steigende Preise spekulierten. Mit dem Ende des Wohnungsbooms und neuen Finanzmarktregulierungen konnte das Unternehmen nicht umgehen. Zwar bemüht sich die Zentralregierung, Provinzen und Kommunen zu Investitionen zu bewegen. Doch der Bausektor taugt nicht als Schlüsselindustrie für die Zukunft.

Chinas Bevölkerung ist gut ausgebildet, das Land ist Technologieführer bei der Energiewende. Die Voraussetzungen für einen Umbau der Wirtschaft sind günstig. Allerdings gibt es große ideologische Widerstände dagegen, den Sozialstaat auszubauen: Der Zugang zu Bildung, aber auch Gesundheits- und Altersvorsorge werden für viele chinesische Haushalte zu einer immer größeren Belastung angesichts von demografischem Wandel und zunehmender Ungleichheit. Eine konfrontative Haltung der USA trifft auf nationalistische Tendenzen im Inneren. Trotzdem hat China gute Karten für die Zukunft – die Politik muss sie nur richtig spielen.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal