Militärmanöver der Nato stören

Antimilitarist*innen im Wendland greifen auf Aktionsform der Antikriegsbewegung zurück

  • Peter Nowak
  • Lesedauer: 3 Min.

In diesem Monat findet im Wendland ein Militärmanöver der Nato statt, laut Ordnungsamt Lüchow-Dannenberg bis einschließlich 1. Dezember. Daran sollen auch 2500 Soldat*innen der niederländischen Streitkräfte teilnehmen und 350 Rad- und 32 Kettenfahrzeuge zum Einsatz kommen. Die Verwendung von scharfer Munition ist ebenfalls vorgesehen. Der Hauptteil der Gesamtübung findet auf den Truppenübungsplätzen Bergen und Munster als Schieß- und Gefechtsübung statt, so die Mitteilung der Gemeinde.

Nun sorgen solche Militäraktionen in Deutschland selten für überregionale Aufmerksamkeit. Doch beim aktuellen Manöver im Wendland ist es anders. Unter dem Motto »Manöver Nö« haben Antimilitarist*innen aus der Region dazu aufgerufen, die Aktion zu stören. Die Palette der Aktionsformen reicht vom Aufhängen von Transparenten und Plakaten, auf denen die Ablehnung der Militärübungen ausgedrückt wird, bis zum Abmontieren von Schildern, an denen sich die Soldat*innen im Gelände orientieren.

»Doch ein wichtiger Schritt ist zunächst, die Manöver genau zu beobachten«, sagte eine der Kritiker*innen gegenüber »nd«, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will. Schließlich werden Aktivitäten gegen das Manöver auch von der Justiz beobachtet und können schnell kriminalisiert werden. Um die Aktivitäten der Soldat*innen nachvollziehen zu können, hat das Bündnis Manöver Nö einen Aktionsticker eingerichtet, in dem die Geschehnisse auf dem fiktiven Schlachtfeld detailliert eingetragen werden.

Am Donnerstag lautet die erste Meldung: »Guten Morgen! Das Militärlager bei Middefeitz auf dem Hohen Mechtin ist leergeräumt.« Am Mittwoch werden die Bewegungen von Militär- und Polizeifahrzeuge detailliert beschrieben. Doch bei der Beobachtung bleibt es nicht: »Am Mittwoch gab es eine kleine Protestkundgebung, die einige hundert Meter in das Manövergebiet führte«, berichteten die Antimilitarist*innen.

Sie sehen das Manöver als Teil der Strategie der Kriegsfähigkeit der Bundeswehr und ihrer verbündeten Truppen, die auch Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) in letzter Zeit immer wieder propagiert. Daher lautet das übergeordnete Motto der Manöverbeobachtung und -behinderung: »Krieg beginnt hier – es gibt kein ruhiges Hinterland«. Dabei nehmen die Aktivist*innen auf die aktuellen Kriege Bezug. »Täglich erreichen uns schreckliche Bilder von Tod und Zerstörung aus diversen Kriegsgebieten. Wir wollen uns nicht an diese Bilder gewöhnen und protestieren dagegen, dass vor unserer Haustür das Töten von Menschen geprobt wird«, erklärt die Aktivistin aus dem Wendland.

Damit greifen die Antimilitarist*innen auf eine Aktionsform zurück, die eine lange Tradition in der Antikriegsbewegung hat. Schon in den 1950er Jahren wurden im Kampf gegen die Remilitarisierung der Bundesrepublik auch Aktionen gegen Bundeswehrmanöver organisiert. Einen Höhepunkt dieser Aktionsform gab es im Herbst 1984 mit den bundesweiten Aufrufen zu Manöverbehinderungen in Osthessen. Damals war bekannt geworden, dass das sogenannte Fulda Gap im Kriegsfall zwischen Nato und Warschauer Pakt eine zentrale Rolle spielen sollte. Dagegen verbündeten sich empörte Bewohner*innen der Region mit linken Antimilitarist*innen, die aus der ganzen BRD nach Osthessen gereist waren.

Es ist kein Zufall, dass an diese Tradition ausgerechnet im Wendland angeknüpft wird. Schließlich stand die Region über viele Jahre für den Widerstand gegen die Castortransporte. Seit dieser Zeit existiert dort eine außerparlamentarische Linke, die auch gegen Krieg und Militarismus protestiert.

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