Minijobs: Prekär und weiblich

Zahl der Minijobberinnen auf konstant hohem Niveau

  • Felix Sassmannshausen
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Zahl der geringfügig Beschäftigten lag im Frühjahr 2023 bei knapp 7,6 Millionen und bewegt sich damit seit Jahren auf konstant hohem Niveau. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Linkspartei hervor. Diese fordert einen Rückbau der prekären Minijobs, weil die niedrigen Löhne und die mangelnde soziale Absicherung für die mehrheitlich weiblichen Beschäftigten negative Auswirkungen haben.

Das zeigt auch eine aktuelle Studie des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB), einer Forschungseinrichtung der Bundesagentur für Arbeit. Demnach verfügen Minijobber*innen seltener als Kolleg*innen in sozialversicherungspflichtigen Jobs über einen schriftlichen Arbeitsvertrag und haben häufiger keine fest vereinbarte Arbeitszeit.

Zudem ist die soziale Absicherung deutlich schlechter. Geringfügig Beschäftigte haben weder einen Anspruch auf Arbeitslosengeld noch auf Kurzarbeitergeld oder auf eine eigenständige Krankenversicherung. Aufgrund niedriger Löhne werden überdies nur bedingt Rentenansprüche erworben. Die Beschäftigten können nicht mehr als 520 Euro im Monat verdienen; im Schnitt liegt der Verdienst sogar bei nur 348 Euro. Minijobber*innen sind dadurch im Alter besonders armutsgefährdet. Und obwohl es gelingen kann, von einem Minijob in eine reguläre Beschäftigung zu wechseln, sind die Chancen dafür laut IAB gering.

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So würden Erwerbsbiografien von geringfügig Beschäftigten entwertet, insbesondere von Frauen, kritisiert die Bundestagsabgeordnete der Linken, Susanne Ferschl, die für ihre Fraktion die kleine Anfrage an die Bundesregierung gestellt hat. Denn von den knapp 7,6 Millionen Minijobber*innen in Deutschland sind etwa 60 Prozent weiblich, wie aus den Zahlen der Regierung hervorgeht.

Das sieht das IAB auch darin begründet, dass für Frauen Anreize bestehen, Minijobs oder Teilzeitarbeit aufzunehmen. Unter anderem aufgrund einer besser ausgebauten staatlichen Kinderbetreuung im Osten sind diese Anreize dort geringer als im Westen.

Laut Ferschl trage die hohe Zahl an Minijobberinnen zu Abhängigkeiten von staatlichen Transferleistungen oder Partnern bei. Die Politikerin fordert auch darum ein Ende der Minijobs und will, dass sie in sozialversicherungspflichtige Anstellungsverhältnisse überführt werden.

»In Sonntagsreden über gute Löhne und Arbeitsmarktchancen von Frauen zu reden, reicht nicht. Denn in der Realität sieht es anders aus«, kritisierte Ferschl. »Ich finde es absurd, dass SPD und Grüne im Bundestag unsere Kritik teilen, sich in der Ampel aber gelbe Stoppschilder vorsetzen lassen. Minijobs müssen endlich eingedämmt werden«, betonte sie auf nd-Anfrage.

Unterstützung erhält Ferschl dafür unter anderem von den Autor*innen der IAB-Studie, die ebenfalls einen Rückbau geringfügiger Beschäftigung in Deutschland befürworten. Doch zurzeit gebe es eher Hinweise darauf, dass Minijobs in zunehmendem Maße sozialversicherungspflichtige Stellen verdrängten, heißt es in der Studie.

Die Bundesregierung deutet die Ergebnisse der Untersuchung indes anders und verweist darauf, dass die Frage, ob Minijobs reguläre Stellen verdrängten, nicht abschließend beantwortet werden könne. Ein Sprecher des Bundesarbeitsministeriums teilte auf nd-Anfrage mit, dass man die Entwicklungen genau verfolge. Derzeit seien Reformen der Minijob-Regelungen aber nicht geplant. »Minijobs bieten vielen Beschäftigten die Möglichkeit eines unkomplizierten Hinzuverdienstes, und für viele Arbeitgeber stellen sie ein flexibles Arbeitskräfteangebot dar«, hieß es aus dem Ministerium.

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