Pro AfD-Verbot: Letzte Chance Verbot

Für neue Wege im Kampf gegen die AfD plädiert Sebastian Weiermann

Die extreme Rechte in Europa ist überall auf dem Vormarsch. In Italien regiert Giorgia Meloni, in den Niederlanden ist Geert Wilders als Sieger aus der Parlamentswahl hervorgegangen und in Deutschland feiert die AfD ständig Umfrage Rekorde. Die Antworten darauf sind ernüchternd.

Die Grünen erteilten einem Mindestmaß an Antirassismus bei ihrem Parteitag eine Absage, alle Parteien rechts von den Grünen überbieten sich in einem AfD-Ähnlichkeitswettbewerb. Regionale Bündnisse, bei denen sich (fast) alle Parteien gegen die AfD zusammenschließen, haben – siehe Landratswahl in Sonneberg – keine Erfolgsgarantie. Und die gesellschaftliche Linke? Die Kampagne »Aufstehen gegen Rassismus« meldete kürzlich, insgesamt 20 000 Stammtischkämpfer*innen gegen die AfD ausgebildet zu haben.

Dieser Kommentar ist Teil einer Pro-Kontra-Debatte. Lesen Sie den Text von Christian Klemm, der gegen ein Verbot der AfD argumentiert.

Möglicherweise wäre es ohne diese 20 000 Menschen und viele andere Antifaschist*innen, die gegen AfD und Co. protestieren, noch um einiges unangenehmer. Trotzdem muss man nach zehn Jahren AfD konstatieren: Der antifaschistische Kampf gegen sie ist in der bisherigen Form nicht erfolgreich. Zeit also, über andere Wege nachzudenken. Einer wäre ein Verbot. Wer dagegen einwendet, dass ein Verbot die gesellschaftlichen Ursachen für Rassismus, Sexismus, Autoritarismus und Co. nicht angreift, hat absolut recht. Aber eine gestärkte AfD bedeutet mindestens einen Abbau an demokratischen Rechten, um für eine bessere Gesellschaft zu kämpfen. Welche Auswirkungen eine politisch dominante AfD im schlimmsten Fall hat, ist klar. Faschist*innen sind in Deutschland sehr gründlich. Und die AfD ist mindestens von Faschist*innen durchsetzt. Handlungen, Äußerungen und Konzepte von mehr als genug AfD-Politiker*innen sollten ausreichend Stoff für eine Verbotsverfahren hergeben.

Die AfD hat sich in der Zeit ihres Bestehens noch nicht in allen Institutionen des Staates eingenistet, die »Brandmauer« besteht zumindest formell noch, und auch die parteieigenen und parteinahen Strukturen sind noch nicht endgültig aufgebaut. Wo die AfD starke lokale Strukturen hat, wirkt sich das direkt aus. Politiker*innen der Partei schüren rassistische Proteste, stellen ihre Räumlichkeiten für Treffen zur Verfügung und unterstützen parteifreie Akteure der extremen Rechten. Ein Verbot würde die Strukturen von AfD und Umfeld erst einmal zerschlagen. Natürlich wird es danach wieder extrem rechte Parteiprojekte geben. Strukturen müsste diese aber neu aufbauen. Auch eine Zersplitterung der bisherigen AfD ist möglich.

Vor allem aber würde ein Verbot Antifaschist*innen Zeit und Raum geben. Zeit, die bisherige Strategie zu reflektieren. Und Raum, in dem es möglich ist, für eine bessere Gesellschaft zu kämpfen. Ein Verbot könnte die letzte Chance für so einen Versuch sein.

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