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Netzwerke für deutsche Vertriebene und gegen Geflüchtete
Prominente rechte CDU-Politiker sind Teil von »Landsmannschaften« und anderen revanchistischen Gruppen
Christoph de Vries ist CDU-Politiker aus Hamburg. Seitdem die schwarz-rote Koalition im Amt ist, ist er Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium. An seiner Ernennung gab es Kritik. Etwa vom Hamburger Bündnis gegen Rechts. Es verwies darauf, dass de Vries noch im Frühjahr als Festredner bei der »Preußischen Allgemeinen Zeitung« (PAZ) auftrat. Die Antifaschist*innen nennen diese »eine der wichtigsten Zeitungen der sogenannten Neuen Rechten«. Sie habe eine »Scharnierfunktion zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus.« Darin, so das Bündnis, würden etwa die geopolitischen Thesen und Konzepte des russischen ultranationalistischen Philosophen Alexander Dugin und des rechten Publizisten Dimitrios Kisoudis »wärmstens empfohlen«.
Während der Rede von de Vries war laut dem Bündnis auch der ehemalige Vorsitzende der Landsmannschaft Ostpreußen, Wilhelm von Gottberg, im Publikum. Er saß bis 2021 für die AfD im Bundestag. Über von Gottberg gab es Debatten, weil er eine Holocaust-relativierende Aussage zustimmend zitierte und eine antisemitische Rede verteidigte, die der CDU-Bundestagsabgeordete Martin Hohmann 2003 gehalten hatte. In seiner Bewerbung für den Bundestag kündigte Gottberg 2017 an, er wolle den »Kult mit der Schuld« beenden.
Zurück zu Christoph de Vries. Der tritt nicht nur in schlechter Gesellschaft auf, sondern lässt auch mit eigenen Äußerungen aufhorchen. Für scharfe Kritik sorgte er 2021, als er auf einer Podiumsdiskussion von einem »genuin deutschen Volk« sprach und argumentierte, Deutschland sei kein Einwanderungsland wie etwa die USA oder Australien. Ihm wurde vorgeworfen, völkisch konnotierte Begriffe zu verwenden. Das Hamburger Bündnis gegen Rechts sieht in de Vries einen CDU-Politiker, der letztlich AfD-Positionen vertritt.
Ein weniger unbekanntes Amt, das de Vries innehatte, bis er Staatssekretär wurde, ist das des Vorsitzenden der Gruppe der Vertriebenen, Aussiedler und deutschen Minderheiten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Sein Nachfolger in dieser Funktion ist der nicht weniger problematische hessische Bundestagsabgeordnete Klaus-Peter Willsch. Im Bundestagswahlkampf hatte er davon gesprochen, dass »nicht nur Fachkräfte, sondern auch viel Kroppzeug« seit 2015 nach Deutschland gekommen sei.
Die Linke im Rheingau-Taunus-Kreis hatte damals gerügt, dass Willsch eine »Entmenschlichung« von Geflüchteten betreibe. »Die Übernahme rechtsradikaler Rhetorik und Forderungen durch Parteien der sogenannten Mitte verfolgen wir mit großer Sorge«, erklärte der Linke-Kreisverband damals. Wie eine Bestätigung dieser Kritik wirkt eine Antwort von Willsch auf die Frage, warum er dreimal einen AfD-Kandidaten für das Amt des Bundestagsvizepräsidenten gewählt hat: Deren Kandidat Gerald Otten sei »ein skandalfreier, anständiger Bundeswehroffizier im Ruhestand, gegen den ich keinerlei Vorbehalte habe«, erklärte der CDU-Abgeordnete. Immerhin, Willsch räumte ein, dass dies nicht für jeden AfD-Kandidaten gelte. Wirklich verärgert hat den 64-Jährigen aber eine andere Wahl: »Dass ausgerechnet Bodo Ramelow, Vertreter der SED-Fortsetzungspartei, breite Unterstützung erhielt, ist eine Schande! Die Mauertoten rotieren vermutlich im Grabe«, empörte er sich.
Dies ist nur ein Beispiel für den notorischen Antikommunismus im Vertriebenennetzwerk der Unionsparteien. Die Union der Vertriebenen, Aussiedler und deutschen Minderheiten in der CDU und CSU (UdVA) ist hier die zentrale Vereinigung. Bei der letzten Jahrestagung hielten Friedrich Merz und Christoph de Vries Grußworte. Der Präsident des Bundes der Vertriebenen, Bernd Fabritius, gehört zum Vorstand, und Philipp Amthor ist Schatzmeister.
Der UdVA-Vorsitzende Egon Primas gibt zu allerlei Jahrestagen Pressemitteilungen heraus. Selbst am 8. Mai ist es dem 73-Jährigen wichtig, an das »Schicksal der Vertriebenen und Opfer kommunistischer Unrechtsregime« zu erinnern. Jüngst erklärte er, was er für eine Lehre der Geschichte halte: Pläne, im Umland von Nordhausen eine Panzerfabrik zu bauen, kommentierte er in der »Thüringer Allgemeinen« zustimmend. Deutschland habe die Verantwortung, Freiheit, Frieden und Demokratie wirksam zu schützen, »indem unser Land wieder verteidigungsfähig wird.« Das sei der Blick auf »sicherheitspolitische Realitäten«, so Primas.
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