Vergewaltigung gegen Protest im Iran

Iran benutzt sexuelle Gewalt gegen demonstrierende Frauen

  • Cyrus Salimi-Asl
  • Lesedauer: 3 Min.

Sexualisierte Gewalt war ein vielfach angewandtes Repressionsinstrument iranischer Sicherheitskräfte, um die Revolte »Frau, Leben, Freiheit« gegen das islamische Regime zu unterdrücken. Das geht aus einem Bericht hervor, den die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) an diesem Donnerstag veröffentlicht. Demnach sind die Täter Angehörige der Revolutionsgarden, der paramilitärischen Basidsch-Miliz und des Geheimdienstministeriums sowie verschiedener Polizeiabteilungen, darunter die Polizei für öffentliche Sicherheit, die Ermittlungseinheit und die Spezialeinheiten der Polizei.

Im Bericht »›They violently raped me‹: Sexual violence weaponized to crush Iran’s ›Woman Life Freedom‹ uprising« dokumentieren die Amnesty-Ermittler das Leiden von 45 Überlebenden – 26 Männer, zwölf Frauen und sieben Minderjährige –, die Vergewaltigungen, Gruppenvergewaltigungen und/oder anderen Formen sexualisierter Gewalt durch Angehörige des Geheimdienstes oder der Sicherheitskräfte ausgesetzt waren. Laut Amnesty waren die Protestierenden willkürlich festgenommen worden, weil sie sich gegen die jahrzehntelange Unterdrückung und geschlechtsspezifische Diskriminierung im Iran eingesetzt hatten. Und bis heute wirkt Straffreiheit: Niemand wurde wegen der im Bericht dokumentierten Fälle von Vergewaltigung und anderer sexualisierter Gewalt angeklagt oder strafrechtlich verfolgt.

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Dass diese Fälle nicht von der Justiz aufgearbeitet, sondern vertuscht wurden, selbst wenn Anzeigen vorlagen, zeigt, dass die sexualisierte Gewalt von der Regierung gedeckt wird. Für Amnesty International haben sich die iranischen Staatsanwälte und Richter mitschuldig gemacht. »Sexualisierte Gewalt ist eine der brutalsten Waffen im Arsenal der iranischen Behörden, um Protestierende zu demütigen und Kritik zu unterdrücken und so um jeden Preis an der Macht zu bleiben. Für die Überlebenden bleiben tiefe körperliche und psychische Narben zurück«, sagt Julia Duchrow, Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland. Die Täter von Geheimdiensten und Sicherheitskräften mussten sich für ihre Folter nicht rechtfertigen.

Die Opfer von Vergewaltigungen oder anderer Formen sexueller Gewalt, deren Fälle Amnesty International dokumentiert hat, wurden häufig auf der Straße aufgegriffen, zum Beispiel als sie Slogans an Wände schrieben, heißt es im Bericht. Andere Überlebende, die ebenfalls protestierten, darunter Frauenrechtlerinnen, Aktivistinnen, Journalistinnen und Personen, die über die Proteste in den sozialen Medien berichteten, seien oft willkürlich von Geheimdiensten und Sicherheitskräften in ihren Wohnungen, Wohnvierteln oder an ihren Arbeitsplätzen verhaftet worden – in der Regel ohne Haftbefehl.

Die Überlebenden berichteten, dass die Vergewaltiger manchmal Uniformen getragen hätten, aber oft in Zivil gekleidet gewesen seien. Fast immer seien es Männer gewesen, die weder ihren Namen noch ihre Zugehörigkeit zu einer bestimmten Polizeieinheit bekanntgegeben hätten. In der Regel hätten sie Masken getragen oder ihre Gesichter auf andere Weise verdeckt, um eine Identifizierung zu verhindern.

Amnesty International hat die Vergewaltigung von 16 Demonstrierenden dokumentiert: sechs Frauen, sieben Männer, ein 14-jähriges Mädchen und zwei Jungen (16 und 17 Jahre). Die Beamten vergewaltigten die Opfer mit Holz- und Metallstöcken, Glasflaschen, Schläuchen und/oder ihren Geschlechtsorganen und Fingern. Vergewaltigung sei als Foltermittel eingesetzt worden, schreibt Amnesty, um Demonstranten zu bestrafen, zu demütigen, einzuschüchtern und sie zu falschen Geständnissen zu zwingen.

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