»Stellenweise superscharf«: Lothar Lambert ist zurück

Um den Baum herum: Schöner scheitern mit und bei Lothar Lambert

Da guckst du - ab um den Baum, oder um die Klappe!
Da guckst du - ab um den Baum, oder um die Klappe!

Deutschlands letzter Fassbinder, der Berliner Untergrundregisseur Lothar Lambert, ist wieder da. Mit seinem 41. Film, der heute nachmittag im Berliner Bundesplatzkino Premiere hat: »Stellenweise superscharf«. Es geht um einen misslungenen Film im Film: alles echt, alles improvisiert, alles tief empfunden von den besten Laienschauspielern der Stadt, angeleitet, angeregt und abgefilmt vom mittlerweile 79-jährigen Lambert, in der aufregenden Twilight Zone zwischen Dokumentar- und Spielfilm.

Der Kinomuseumsbetreiber Frank »Schoppi« Schoppmeier erzählt, wie er ein altes Drehbuch von Lambert (»Klappengefühl – verdorben, wie Berlin sie schuf«) mit der Handykamera verfilmen wollte. Doch die Aufnahmen gerieten nur »stellenweise superscharf«, meistens waren sie »total verschnitten« oder es gab einen Fettfleck auf der Linse. »Ich fühle mich wie ein Getriebener in meinem eigenen Projekt«, berichtet Schoppi, und auch, dass er an einer »Testosteronallergie« leide.

nd.DieWoche – unser wöchentlicher Newsletter

Mit unserem wöchentlichen Newsletter nd.DieWoche schauen Sie auf die wichtigsten Themen der Woche und lesen die Highlights unserer Samstagsausgabe bereits am Freitag. Hier das kostenlose Abo holen.

Sein Film sollte von Sex, Liebe und Abenteuer rund um eine Kreuzberger »Klappe«, eines der letzten öffentlichen Pissoirs aus dem Kaiserreich, handeln. Weil das Drehbuch von Lambert war, wollte er auch die Schauspieler aus dessen Filmen einsetzen: Ulrike S., Evelyn Sommerhoff, Nilgün Taifun oder Arnfried Binhold. Sie sind hier in neuen Szenen, aber auch in alten zu sehen und singen und tanzen oder quatschen über Lambert, der sich damit einmal mehr durch die Augen seiner Schauspieler selbst porträtiert und ironisiert. Und wieder einmal vorbildlich ökologisch altes Filmmaterial neu bewirtschaftet. Nichts wird weggeschmissen, sondern Material wird für die Gegenwart anschlussfähig gehalten oder gemacht.

Wie erzählt man neue Geschichten? Betty Lerche sagt zu Schoppi: »Wenn du um den Baum herumgehst, sieht du immer was Neues. Erst wenn du um den Baum herumgegangen bist, kannst du dir einen Begriff von ›Baum‹ bilden.« Denn dann sieht man »stellenweise superscharf«. Und zum Schluss haut sich Schoppi selber auf den Popo.

»Stellenweise superscharf oder der seltsame Dreh des Herrn Schoppi«, Deutschland 2023, Regie: Lothar Lambert, 77 Min., Premiere am Sa., 9.12. um 15.30 Uhr im Bundesplatz Kino, Bundesplatz 14, Berlin

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal