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Der Schatten des Erfolgs
Der Musikerfinder Frank Farian ist tot
Wer ist schon Dieter Bohlen? Den selbst ernannten »Poptitan« mit seiner Dauershow als TV-Brutalo und Megaproduzent kennt jeder, doch Frank Farian, den eigentlichen bundesdeutschen Hyperproduzenten, kennt kaum jemand – auch wenn er als Erfinder von Milli Vanilli im Kino gegenwärtig ein bisschen in Erinnerung gerufen wurde. Matthias Schweighöfer spielt ihn in »Girl You Know It’s True«, den Spielfilm über die beiden Tänzer aus München, die kurzzeitig weltberühmt waren – erst als Sänger und dann als überführte Nichtsänger. Frank Farian hatte ihre Musik komponiert, arrangiert und produziert – mit den wahren Sängern im Studio, die er Ende der 80er im neuen Zeitalter des Musikfernsehens für nicht präsentabel hielt.
Für die Videos und für die TV-Shows hatte er Fab Morvan und Rob Pilatus gecastet, die dann eine 1A-Playback-Performance hinlegten. Doch sie waren damit zu erfolgreich – als sie 1990 den Grammy bekamen, drehten alle durch und Farian und sie outeten sich gegenseitig. Ein Überbietungswettbewerb der Enthüllungen. Wer nicht auf den Kopf gefallen war, hatte vorher schon vermutet, dass hier ein großes Spiel der Erwartungen und Verlockungen gespielt wurde, bei dem so etwas wie Authentizität nachrangig war. In der Discozeit der 70er Jahre hatte Frank Farian schon Boney M. bei sich im Studio entwickelt und in die internationalen Charts geführt – das war die Blaupause für Milli Vanilli, und die krasse Stimme, mit der Bobby Farrell in »Daddy Cool« zu singen schien, war seine eigene.
Als wäre dies alles ein magischer Plan gewesen, hatte er 1962 eine Beatband mit dem Namen Frank Farian & Die Schatten gegründet – geht es noch symbolischer? Und auch die Schlagerschmonzette »Rocky«, 1976 ein Nummer-eins-Hit unter seinem Namen, kann man heute so hören, als wäre im Text Farians Helfer-Ansatz, aus Fakebands Chartbreaker zu machen, eingespeist. Es geht um das Schicksal einer Liebe. Die Frau ist zögerlich: »Rocky, ich habe noch niemals geliebt / Ich weiß nicht, ob ich das bringe / Denn es gehört doch mehr dazu / Als ein Flirt und ein paar Ringe«, wird aber vom Mann beruhigt: »Kopf hoch, Baby / Lehn’ dich an mich / Es wird schon irgendwie gehen / Wenn du mir ein wenig hilfst / Ist Liebe kein Problem«. Und der Welterfolg eben auch nicht, das war anscheinend Farians Philosophie im Studio.
Der Meister des Mainstreams stand auf Soulrock wie den von Otis Redding und Wilson Pickett, und Sam Cooke war eines seiner Idole. Wie diese Musik wirkte, hatte er in den 60er Jahren studieren können, als der unbekannte Beatmusiker ins Diskothekengeschäft einstieg und erstmals Erfolg hatte. Ja, Frank Farian, ein Kind aus der saarländischen Provinz, das nach der Hauptschule Koch gelernt hatte, hatte den Funk, das muss man zugeben. Er zapfte ihn ab machte so die Musik von Boney M. und Milli Vanilli bigger than life. Und sich selbst bigger than Bohlen: Er produzierte massenweise Hitparadenzeug, darunter auch Meat Loaf, Angelo Branduardi, Terence Trent D’Arby und Barclay James Harvest, und ist mit weltweit 800 Millionen verkauften Platten Deutschlands erfolgreichster Popmusiker. Man könnte auch sagen: Er wusste, was die Menschen auf dem Rummel beim Autoscooter-Fahren hören wollen.
Am Dienstag ist er in Miami im Alter von 82 Jahren gestorben. Matthias Schweighöfer spielt ihn in »Girl You Know It’s True« als einen gar nicht so unsympathischen Kerl. Was auch nicht verwundert: denn Farian hat den Film mitproduziert.
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