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Demos gegen rechts: Ein Medienbericht als Erweckungsmoment

Dutzende Kundgebungen, Zehntausende Teilnehmer: Der Zulauf zu den Demos gegen rechts ist gerade in Ostdeutschland bemerkenswert

Demonstration in Frankfurt Oder am 27. Janauar
Demonstration in Frankfurt Oder am 27. Janauar

In etlichen kleineren Städten und Gemeinden Ostdeutschlands waren in den vergangenen Tagen Menschenansammlungen zu sehen, wie es sie seit Jahrzehnten nicht mehr gegeben hat. So kamen am Samstag rund 4500 Menschen nach Frankfurt (Oder), um unter dem Motto »Nie wieder ist jetzt« gegen die faschistische Gefahr zu demonstrieren. Die ostbrandenburgische Stadt hat 58 000 Einwohner.

In Rostock, der größten Stadt Mecklenburg-Vorpommerns, beteiligten sich am vergangenen Donnerstag an die 10 000 Menschen an einer Demo, zu der das Bündnis »Rostock nazifrei« aufgerufen hatte. Eine Woche zuvor waren es noch 3000 gewesen.

In Dutzenden Städten und Dörfern gingen Menschen in jedem ostdeutschen Bundesland allein am Wochenende auf die Straße. So beteiligten sich an einer Demo im sächsischen Zwickau 4000 Menschen, an einer Kundgebung in Weimar nach Veranstalterangaben 2000 und in Heiligenstadt im Eichsfeld (Thüringen) ebenfalls rund 2000.

Politikerinnen, aber auch aus Ostdeutschland stammende Wissenschaftler und Historiker lobten die Demos als Aufbruch und Chance für den Osten, wo der Anteil der AfD-Wähler deutlich höher ist als in den westdeutschen Bundesländern. Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) sieht in den seit den Enthüllungen des Medienhauses Correctiv über Pläne Rechter zur millionenfachen Vertreibung von Menschen mit Migrationsgeschichte anhaltenden Protesten eine Chance. »Die Demonstrationen machen Mut – im ganzen Land, aber vor allem auch in Ostdeutschland«, sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. »Dort haben wir 1989 die Demokratie erkämpft, jetzt gilt es, sie erneut zu verteidigen«, meint die aus Thüringen stammende Politikerin. Auch in vielen kleineren Orten setzten die Menschen nun ein »klares Zeichen« gegen die »menschenverachtende und demokratiegefährdende Politik der AfD«. Das mache Hoffnung »für die Demokratie« und auch für »die vielen Menschen, die sich schon seit Langem gerade in Ostdeutschland gegen Rechtsextremismus engagieren«.

Tatsächlich gibt es in vielen ostdeutschen Städten Bündnisse für Demokratie oder für Willkommenskultur. Bislang arbeiten dort meist wenige dauerhaft Engagierte, zu Kundgebungen ließen sich bislang meist nur wenige Menschen mobilisieren. Das scheint sich nun geändert zu haben, und manche in Initiativen Aktive schöpfen nun Hoffnung, dass die aktuellen Demos in einen generellen Aufbruch für demokratisches Engagement münden könnten. In dieser Richtung äußerte sich etwa Maria Fichte vom Netzwerk »Freiberg für alle«, das in der vergangenen Woche eine Demo mit 1200 Teilnehmenden organisiert hatte. Das war für die sächsische Universitätsstadt mit 42 000 Einwohnern ein Novum.

»Wir haben lange auf diesen Moment gewartet«, sagte Fichte am Montagabend in der ARD-Talkshow »Hart aber fair«. Die Correctiv-Enthüllung sei der Auslöser gewesen zu sagen: »Die Stimmung, die wir hier haben, die tatsächlich schlechter ist als die Lage, müssen wir versuchen wieder ins Positive zu drehen.« Dafür müsse man nun gemeinsam arbeiten, indem man etwa Begegnungsorte schaffe, Stadtteilfeste organisiere, Ressentiments gegen Menschen mit Migrationsgeschichte etwas entgegensetze. Fichte zeigte sie sich überzeugt, dass man es vor allem auf lokaler Ebene schaffen könne, dass wieder gesellschaftlicher Zusammenhalt statt Polarisierung entstehe und dass Kräfte aus den »etablierten demokratischen Parteien« der AfD etwas entgegensetzen können.

An den Manifestationen waren gerade am letzten Wochenende zahlreiche Bürgermeister und Landespolitiker beteiligt, so Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU), der in Wittenberg mitdemonstrierte. Am Dienstagabend wollte sich Mecklenburg-Vorpommerns Regierungschefin Manuela Schwesig (SPD) an der in Stralsund geplanten Kundgebung »Bunt statt braun. Demokratie schützen« beteiligen und eine Rede halten. Überwiegend scheinen die Demos in Ostdeutschland mithin stark auf Konsens mit den Regierungsparteien in Bund und Ländern orientiert zu sein. Die Proteste richten sich ausschließlich gegen »rechts« und weniger gegen die polarisierende Politik der Ampel-Koalition, die ebenfalls Geflüchtete zu Sündenböcken macht und durch unsoziale Lastenverteilung Unmut schürt.

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