In Budapest gesuchte Antifas fordern Prozess in Deutschland

Anwälte und Eltern wenden sich gegen eine Auslieferung nach Ungarn

Diese Klientel sollen die in Budapest beschuldigten Antifas am Rande eines Aufmarschs vor einem Jahr angegriffen haben.
Diese Klientel sollen die in Budapest beschuldigten Antifas am Rande eines Aufmarschs vor einem Jahr angegriffen haben.

Beschuldigte, derer Ungarn im Zusammenhang mit Taten am Rande des »Tages der Ehre« vor einem Jahr in Budapest habhaft werden will, würden sich stellen – sofern sie ein »faires Verfahren« in Deutschland erhalten. Das sagten eine Elterninitiative und der Anwalt eines der neun Gesuchten am Dienstag dem MDR und der »Taz«.

Zur Begründung wird auf menschenunwürdige Haftbedingungen in Ungarn verwiesen. Darüber hatten Unterstützer der bereits in Budapest einsitzenden Italienerin Ilarai Salis berichtet und eine Kontroverse zwischen beiden Regierungen ausgelöst. Der in der gleichen Sache im Hausarrest sitzende Italiener Gabriele Marchesi wird deshalb vorläufig nicht nach Ungarn überstellt.

Europa to go

Ein Podcast, der dich anlässlich der Europawahl 2024 ins »Herz« der EU mitnimmt. Begleite uns nach Brüssel und erfahre mehr über Institutionen wie das Europäische Parlament, was dort entschieden wird und warum dich das etwas angeht. Der Podcast ist eine Kooperation von »nd«, Europa.Blog und die-zukunft.eu. Alle Folgen auf dasnd.de/europa

Im gleichen Gefängnis in Budapest wartet der Berliner Tobias E. nach einem Deal mit dem Gericht auf sein Berufungsverfahren wegen Mitgliedschaft in einer »linksextremistischen Organisation junger Erwachsener«. Die Bundesregierung interessiert sich aber nicht für die Haftbedingungen in Ungarn. Das bestätigten Sprecher auf zweimalige Nachfrage des »nd«; dabei ging es um die ebenfalls von Ungarn verlangte Auslieferung von Maja T. Die nichtbinäre Person sitzt derzeit in Dresden in Untersuchungshaft.

Neben einer Schutzpflicht für eigene Staatsangehörige im Ausland könnte eine Nichtauslieferung der deutschen Justiz auch auf ein eigenes Verfolgungsinteresse gestützt werden, sagte die Jenaer Rechtsanwältin Kristin Pietrzyk dem »nd«. Solche Verfahren bei »Auslandstaten« regelt das Strafgesetzbuch. Mit der EU-weit geltenden Europäischen Ermittlungsanordnung kann Deutschland Ungarn zwingen, Beweise für eine hiesige Anklage zu sammeln, erklärt Pietrzyk. Die dortigen Behörden müssen diese Ermittlungen im deutschen Auftrag sogar finanzieren, so steht es in der seit 2017 gültigen EU-Richtlinie.

Derzeit hält sich die Generalstaatsanwaltschaft Dresden aber bedeckt und besteht für eine etwaige Nichtauslieferung nach Ungarn auf vollumfängliche Geständnisse der deutschen Beschuldigten. In ähnlicher Sache ermittelt die Behörde bereits gegen einige der aus Budapest Gesuchten im »Antifa-Ost-Komplex«.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal