In Budapest gesuchte Antifas fordern Prozess in Deutschland

Anwälte und Eltern wenden sich gegen eine Auslieferung nach Ungarn

Diese Klientel sollen die in Budapest beschuldigten Antifas am Rande eines Aufmarschs vor einem Jahr angegriffen haben.
Diese Klientel sollen die in Budapest beschuldigten Antifas am Rande eines Aufmarschs vor einem Jahr angegriffen haben.

Beschuldigte, derer Ungarn im Zusammenhang mit Taten am Rande des »Tages der Ehre« vor einem Jahr in Budapest habhaft werden will, würden sich stellen – sofern sie ein »faires Verfahren« in Deutschland erhalten. Das sagten eine Elterninitiative und der Anwalt eines der neun Gesuchten am Dienstag dem MDR und der »Taz«.

Zur Begründung wird auf menschenunwürdige Haftbedingungen in Ungarn verwiesen. Darüber hatten Unterstützer der bereits in Budapest einsitzenden Italienerin Ilarai Salis berichtet und eine Kontroverse zwischen beiden Regierungen ausgelöst. Der in der gleichen Sache im Hausarrest sitzende Italiener Gabriele Marchesi wird deshalb vorläufig nicht nach Ungarn überstellt.

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Im gleichen Gefängnis in Budapest wartet der Berliner Tobias E. nach einem Deal mit dem Gericht auf sein Berufungsverfahren wegen Mitgliedschaft in einer »linksextremistischen Organisation junger Erwachsener«. Die Bundesregierung interessiert sich aber nicht für die Haftbedingungen in Ungarn. Das bestätigten Sprecher auf zweimalige Nachfrage des »nd«; dabei ging es um die ebenfalls von Ungarn verlangte Auslieferung von Maja T. Die nichtbinäre Person sitzt derzeit in Dresden in Untersuchungshaft.

Neben einer Schutzpflicht für eigene Staatsangehörige im Ausland könnte eine Nichtauslieferung der deutschen Justiz auch auf ein eigenes Verfolgungsinteresse gestützt werden, sagte die Jenaer Rechtsanwältin Kristin Pietrzyk dem »nd«. Solche Verfahren bei »Auslandstaten« regelt das Strafgesetzbuch. Mit der EU-weit geltenden Europäischen Ermittlungsanordnung kann Deutschland Ungarn zwingen, Beweise für eine hiesige Anklage zu sammeln, erklärt Pietrzyk. Die dortigen Behörden müssen diese Ermittlungen im deutschen Auftrag sogar finanzieren, so steht es in der seit 2017 gültigen EU-Richtlinie.

Derzeit hält sich die Generalstaatsanwaltschaft Dresden aber bedeckt und besteht für eine etwaige Nichtauslieferung nach Ungarn auf vollumfängliche Geständnisse der deutschen Beschuldigten. In ähnlicher Sache ermittelt die Behörde bereits gegen einige der aus Budapest Gesuchten im »Antifa-Ost-Komplex«.

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