Berlin: Ungleicher Lohn für gleiche Arbeit

Die Arbeiterwohlfahrt protestiert für die Hauptstadtzulage für Angestellte von freien Trägern

  • David Rojas Kienzle
  • Lesedauer: 3 Min.
Schon im November 2023 hat die AWO vor dem Roten Rathaus protestiert.
Schon im November 2023 hat die AWO vor dem Roten Rathaus protestiert.

Im zugigen Hangar des Flughafens Tempelhof zwischen den Wohncontainern der Notunterkunft für Geflüchtete hat die Arbeiterwohlfahrt (AWO) zu einem Pressegespräch eingeladen. Thema ist die Haupstadtzulage, die Angestellte freier Träger nicht bekommen sollen. Ungerecht findet das Marcus Echle, Leiter des Sozialteams der Geflüchtetenunterkunft: »Wir machen denselben Job wie der landeseigene Betrieb für Geflüchtetenunterkünfte und dort bekommen die Leute die Haupstadtzulage.«

Die Haupstadtzulage wird seit November 2020 an die Angestellten und Beamt*innen Berlins ausgezahlt. 150 Euro im Monat extra können viel Geld sein, gerade im notorisch schlecht bezahlten sozialen Bereich. Die Zulage bekommen allerdings nur diejenigen, die direkt bei landeseigenen Betrieben angestellt sind. Noch im Dezember hatte die Senatsverwaltung für Soziales angekündigt, dass auch Angestellte freier Träger den Zuschlag bekommen würden. Doch dann die Rolle rückwärts: Ende Februar wurde bekannt, dass dies doch nicht der Fall sein soll.

Angesichts dieser Ungerechtigkeit protestiert die AWO mit ihren gut 8500 Mitarbeitenden an zwei Aktionstagen. Kitas bleiben dicht und auch die Geflüchtetenunterkünfte werden in einen erweiterten Notbetrieb gehen. Möglich ist das, weil der Internationale Bund, der zweite Träger der Unterkunft in Tempelhof das organisiert. »Wir können hier den laufenden Betrieb nicht unterbrechen wie in einer Kita, weil die Menschen hier leben«, meint Echle.

Am Montag werden Vorbereitungen getroffen. Mitarbeiter*innen besprechen sich und malen Schilder für eine Demonstration. Am Dienstag um 11 Uhr werde es vom Roten Rathaus zum Sitz des Finanzsenators gehen, erklärt Manfred Nowak, Kreisvorsitzender der AWO-Mitte. »Morgen wird dichtgemacht. Das ist der Haupttag.«

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Die Situation im sozialen Bereich ist ja bekanntlich schwierig. »Es fehlt überall Personal«, meint Robert Kiesler, Leiter der Notunterkunft im Flughafen Tempelhof und ergänzt: »Soziale Berufe müssen attraktiver gestaltet werden.« Das Land Berlin habe sich mit dieser Situation auch einen Vorteil verschafft, so Kiesler weiter. »Zum einen spart es Geld und zum anderen hat es auf dem Markt für Fachkräfte einen Vorteil.« Marcus Echler pflichtet seinem Kollegen bei: »Das Personal, die Fachkräfte die man überall braucht, schauen natürlich auch auf’s Geld, gerade in einer Stadt wie Berlin, wo alles immer teurer wird.«

Die Arbeit im sozialen Bereich ist nicht nur unangemessen bezahlt, sondern auch hart. »Der Personalschlüssel ist in Geflüchtetenunterkünften relativ knapp bemessen«, so Echler weiter. Auf eine*n Sozialarbeiter*in kämen knapp 100 Geflüchtete. Wenn es eine Krankheitswelle gibt, ist das nur schwer zu kompensieren.

Besonders bitter: Eigentlich hatten alle mit der Hauptstadtzulage gerechnet und deshalb bereits damit geplant. »Wir haben die Tarifverhandlungen mit der Annahme geführt, dass die Zulage Bestandteil ist«, meint Nowak. Marcus Echler ergänzt, dass der Tarifvertrag eigentlich neu verhandelt werden müsste: »Wir stehen mit der Entscheidung des Senats eigentlich vor dem finanziellen Nichts, beziehungsweise dem Status Quo vor der Inflation. Das hilft uns natürlich gar nicht.«

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