Rassistischer Angriff auf Iranerinnen

Junge Frauen im bayerischen Eichstätt brutal geschlagen und beschimpft

Die Polizei brauchte trotz sofortiger Anzeige der Opfer drei Tage, um eine Meldung zu der Tat zu veröffentlichen.
Die Polizei brauchte trotz sofortiger Anzeige der Opfer drei Tage, um eine Meldung zu der Tat zu veröffentlichen.

Es geschah am hellichten Tag mitten in der Stadt: Im bayerischen Eichstätt sind zwei Studentinnen aus dem Iran bei einem offenkundig rassistischen Angriff schwer verletzt worden. Der Vorfall ereignete sich bereits am späten Montagnachmittag, wie die Rosa-Luxemburg-Stiftung am Donnerstag mitteilte. Eine der verletzten jungen Frauen ist Stipendiatin der Stiftung. Bezeichnend: Die Polizei veröffentlichte erst am Donnerstag auf Nachfragen eines Stiftungsmitarbeiters und von Journalisten eine Mitteilung zu der Attacke samt Aufruf an Zeugen, sich zu melden.

Die Frauen, eine Doktorandin und eine Masterstudentin an der Universität Eichstätt, waren der Mitteilung zufolge mit ihren Fahrrädern in der Nähe des Rathauses unterwegs, als ein Mann mittleren Alters sie unvermittelt anschrie und aufforderte, Deutschland zu verlassen und in ihre Heimat zurückzukehren. Nach einen kurzen Streitgespräch schlug der Mann der einen Frau demnach mit einer Bierflasche ins Gesicht. Sie habe dabei Schnittwunden an der linken Wange erlitten. Der anderen Frau schlug der Mann mit der Faust ins Gesicht und rannte anschließend weg. Die 31-jährige erlitt durch den Faustschlag einen Nasenbeinbruch und musste sich im Krankenhaus behandeln lassen.

Der Täter wurde auf der Flucht von einem Zeugen verfolgt. Dieser verlor ihn allerdings noch kurzer Verfolgung aus den Augen. Eine weitere Zeugin hatte ein Video von der Tat aufgenommen.

Am Freitag teilte die Polizei mit, man habe »nach umfrangreichen Ermittlungen« den mutmaßlichen Täter stellen können. Es handle sich um einen 40-jährigen Eichstätter. Durch die »Vernehmung von weiteren Zeugen und der beiden Frauen« habe sich aber herausgestellt, dass die Betroffenen »lediglich mit der Faust ins Gesicht geschlagen« worden seien. Die Flasche habe der Angreifer zerbrochen und lediglich drohend in Richtung der Frauen gehalten. Dass der Mann »ausländerfeindliche Parolen« gerufen habe, hätten die Zeugen bestätigt. Den 40-jährigen erwarte nun ein Strafverfahren wegen Körperverletzung und Volksverhetzung.

Die Geschäftsführerin der Bundeszentrale Rosa-Luxemburg-Stiftung, Daniela Trochowski, erklärte zu dem Vorfall: »Wir sind entsetzt und verurteilen diesen offensichtlich rassistischen Überfall auf das Schärfste. Wir solidarisieren uns mit den Angegriffenen und wünschen ihnen baldige Genesung.« Man erwarte eine zügige Strafverfolgung der Täters.

Eine der von dem Angriff betroffenen Frauen erklärte gegenüber »nd«, dass sie bereits seit einiger Zeit eine Zunahme offenen Raissismus wahrnehme: »Mir ist wichtig, dass die Verhaltensänderungen von Rassist*innen lange bevor die Deutschen es bemerken, bei Einwanderern und weniger privilegierten Gesellschaftsgruppen zu beobachten und erleben sind. Ich lebe seit fünf Jahren in Deutschland (die ganze Zeit in Eichstätt) und beobachte seit etwa drei bis vier Monaten merklich eine Zunahme rassistischen Verhaltens. Nicht-Weiße unnötig anzuschreien, sie auf der Straße anzurempeln oder ihre Taschen zu durchsuchen, wenn sie den Supermarkt verlassen«, so die Doktorandin. Vor den letzten Monaten habe sie keine dieser Verhaltensweisen in Eichstätt erlebt. Und auch von einem aktuellen Beispiel weiß sie zu berichten: »Als ich gestern mit dem Zug zurück nach Eichstätt fuhr, bedrängte ein weißer Erwachsener einen nicht-weißen Teenager (etwa 12-13 Jahre alt) wegen einer kleinen Unchtsamkeit und schrie ihn an. Meiner Meinung nach sollte die deutsche Gesellschaft diesen scheinbar kleinen oder vernachlässigbaren Alltagserlebnissen Aufmerksamkeit schenken und sie als ernstzunehmende Warnung betrachten.«  

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