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Der ambitionierte Störenfried Viktor Orbán
Auf seiner diplomatischen Tour verfolgt der ungarische Regierungschef eigene politische Ziele
Erst Kiew, dann Moskau, am Montag Peking und zuletzt Washington: Ungarns Premier Viktor Orbán fliegt als selbsternannte Friedenstaube durch die Welt, taucht immer »überraschend« auf – obwohl der Ukraine-Besuch wochenlang vorbereitet gewesen sein soll. Orbán bespricht mit Selenskyj und Putin Möglichkeiten, den Ukraine-Krieg zu beenden, will Xi Jinping einbinden und reist zum wichtigsten Unterstützer der Ukraine. Die US-Regierung zeigt sich wenig begeistert über Orbáns Alleingang.
In Europa schütteln Regierungschefs und EU-Spitzenvertreter den Kopf ob des unabgestimmten Parforceritts des ungarischen Regierungschefs. Orbán könne nicht für die Europäische Union sprechen, tönt es unisono in Brüssel und Berlin. Das hat er auch nie vorgegeben, nur weiß Orbán die Rolle des Störenfrieds in Europa mit Genugtuung auszufüllen. Mit der turnusmäßigen EU-Ratspräsidentschaft lässt sich Ungarns Premier gerne eine EU-Mission andichten. Putin machte sich sichtlich einen Spaß daraus, den Gast aus Ungarn als EU-Gesandten misszuverstehen.
Was hatte Viktor Orbán überhaupt im Gepäck, um Frieden zu erzwingen? Anscheinend nichts. Er macht nicht mal einen Hehl daraus, dass er keinen Plan hat, wie man die Kriegsparteien an einen Tisch holt. Orbán ist auf Effekthascherei aus: Die EU-Ratspräsidentschaft kann er auszunutzen für eigene politische Ziele und sich Autokraten weltweit anempfehlen als Partner, der in der EU mitredet. Aber jede Initiative, die den Krieg in der Ukraine beenden hilft, ist zu begrüßen, egal, wer sie anstößt.
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