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Bahntrasse in der Lausitz: Raschere Reise durchs ehemalige Revier
Vereinbarung zum Ausbau der Strecke Berlin–Görlitz unterzeichnet - Trasse Dresden–Görlitz weiter ohne Strom
Görlitz war einst »Pensionopolis«. So wurde die Stadt in der Oberlausitz von Berliner Beamten um 1900 genannt. Sie galt als Ort, an dem man den Ruhestand verbringen konnte: im Grünen, aber mit städtischer Infrastruktur, mit moderaten Lebenshaltungskosten, aber ohne gravierenden Verzicht an Lebensqualität. Wer sich zum Umzug entschließt, kann all das auch heute noch genießen. Für einen Kurzbesuch oder regelmäßige Visiten liegen die Städte aber zu weit auseinander. Über drei Stunden dauert die Fahrt mit dem Auto; mit der Regionalbahn sind es immer noch zweieinhalb.
In einigen Jahren könnte sich das ändern. Nur 90 Minuten soll die Bahnfahrt dauern, wenn die Trasse zwischen Cottbus und Görlitz zweigleisig ausgebaut, elektrifiziert und von ICE-Zügen mit 160 Stundenkilometern zu befahren ist. Das Ziel ist jetzt ein wenig näher gerückt. Der Bund und die Deutsche Bahn AG unterzeichneten in Görlitz eine entsprechende Vereinbarung. Damit können erste Planungen und Bestandsaufnahmen beginnen, auf deren Basis dann Termin- und Kostenschätzungen erfolgen sollen. Züge werden vor den 2040er Jahren auf der Trasse nicht rollen.
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Dass das Vorhaben überhaupt in Angriff genommen wird, liegt am Ausstieg aus der Braunkohle. Um den damit verbundenen Strukturwandel zu ermöglichen, stellt der Bund rund 40 Milliarden Euro bereit. Für das Lausitzer Revier drängten die Bundesländer Sachsen und Brandenburg darauf, einen erheblichen Teil in die Ertüchtigung der Bahnstrecke zu legen. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) bezifferte den Betrag auf 1,8 Milliarden Euro und sprach vom größten Infrastrukturvorhaben überhaupt im Strukturwandel. Noch mehr Geld fließe nur in den Aufbau einer Medizinischen Hochschule in Cottbus.
Ohne die Kohlemilliarden würde der Streckenausbau nicht erfolgen, weil die Prognosen zur Zahl der Reisenden und damit zum Verhältnis zwischen Kosten und Nutzen zu bescheiden sind. Auch so war in Berlin ein dickes Brett zu bohren. Sachsens Verkehrsminister Martin Dulig (SPD) verwies auf die »zähen Verhandlungen der vergangenen drei Jahre«. Schließlich willigte der Bund doch ein. Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) sagte, der Ausbau sei wichtig, um »neue Unternehmen, neue Arbeitsplätze und damit neue Perspektiven in die Region zu bringen«. Kretschmer hält es für realistisch, dass Menschen künftig aus der Lausitz nach Berlin zur Arbeit pendeln.
Bisher arbeiten Lausitzer eher in Dresden. Für den Arbeitsweg haben sie die Wahl zwischen einer notorisch verstopften Auto- und der dieselbetriebenen Regionalbahn. Schnellzüge verkehren auf der Trasse nicht, obwohl es sich um einen wichtigen europäischen Schienenkorridor nach Osteuropa handelt. Die Linke-Bundestagsabgeordnete Caren Lay stichelte, wenn Wissing zur Vertragsunterzeichnung nach Görlitz fahre, könne er nicht mit der Deutschen Bahn reisen, weil die den Bahnhof gar nicht anfährt. Einen Staatsvertrag über die Elektrifizierung der Trasse hatten Deutschland und Polen zwar schon 2003 unterzeichnet; erfüllt ist er aber bis heute nicht. Die Trasse sei »Symbol für jahrzehntelanges Versagen« der Verkehrspolitik im Bund, das mit Geld aus dessen Etat endlich korrigiert werden müsse, sagte Lay. Den Ausbau der Strecke über Weißwasser und Cottbus nach Berlin nannte sie dagegen ein »reines Prestigeprojekt«. Dass die Verträge dafür gerade jetzt besiegelt wurden, ist wohl kein Zufall. Görlitz ist der Wahlkreis von Kretschmer bei der Landtagswahl in fünf Wochen.
»Wenn Wissing den Bahnhof Görlitz besucht, kann er nicht mit der Deutschen Bahn anreisen, weil die den Bahnhof gar nicht anfährt.«
Caren Lay Bundestagsabgeordnete
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