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Seenotrettung: Am Anfang waren Unternehmer
Das erste zivile Rettungsschiff finanzierten Millionäre
»Helden zur See« betitelte eine deutsche Zeitung das Porträt des Millionärsehepaars Christopher und Regina Catrambone, das am 25. August 2014 das erste zivile Rettungsschiff ins zentrale Mittelmeer schickte. Die beiden hatten während einer Kreuzfahrt eine Schwimmweste im Wasser entdeckt, was sie nach eigenen Angaben zum Nachdenken über die steigende Zahl ertrinkender Geflüchteter brachte. Also gründeten die Catrambones die gemeinnützige Hilfsorganisation Migrant Offshore Aid Station (MOAS), kauften für acht Millionen Dollar die 40 Meter lange »Phoenix« und stachen in See.
Auf dem umgebauten Trawler stationierte die Besatzung zwei Helikopterdrohnen mit Nachtsicht- und Wärmebildkameras. Zwischenzeitlich konnten die Catrambones für die Kombüse Stephan Staats gewinnen, der als »Koch der Superreichen« für teures Geld weltweit mit Millionären auf ihren Yachten unterwegs ist.
MOAS beschreibt die Gründung auf seiner Webseite als Reaktion auf den Schiffbruch vor der italienischen Insel Lampedusa, bei dem im Oktober 2013 mindestens 368 Menschen starben. Italien startete daraufhin die Marinemission »Mare Nostrum«, die in beinahe einem Jahr 150 000 Menschen an Bord nahm. Auf Druck der Europäischen Union stellte die Regierung in Rom »Mare Nostrum« wieder ein, am 1. November 2014 übernahm Frontex mit der wesentlich mickriger ausgestatteten Mission »Triton«. Ihr Ziel war nicht mehr die Rettung von Menschen, ihr Einsatzbereich umfasste auch nur küstennahe italienische Gebiete. Dort wartete die EU-Grenzagentur, wer die Überfahrt lebend überstanden hatte, und nahm von den Asylsuchenden Fingerabdrücke für den Antrag in Italien. Diese Politik setzt Frontex bis heute fort.
Weil bei »Triton« nicht Menschenleben, sondern Migrationsabwehr im Fokus stand, gründeten vier Familien aus Brandenburg ebenfalls 2014 den Verein Sea-Watch und sammelten Geld für ein erstes, gleichnamiges Schiff, das am 20. Juni 2015 erstmals im Einsatz war. Damals wie heute kritisiert der Verein, dass die EU nicht für eine adäquate zivile Seenotrettung auf dem Mittelmeer sorgen will – was deshalb Hilfsorganisationen übernehmen müssen.
Organisationen wie Sea-Watch geht es aber auch um größere Politik. Der Unternehmer Harald Höppner, der den Verein initiiert hatte, betonte schon damals die »multiplen Krisen«, die Menschen in die gefährliche Flucht treiben: Kriege, Klimawandel, Armut, Hunger.
Mit der 70 Meter langen »Sea-Watch 5« hat der Verein dieses Jahr ein weitaus größeres Schiff in Betrieb genommen, betreibt außerdem das 14-Meter-Rettungsboot »Aurora« und konnte zwei Vereine von Pilot*innen dafür gewinnen, seit 2017 mit kleinen Flugzeugen nach Booten mit Geflüchteten zu suchen.
Die von europäischen Organisationen ins zentrale Mittelmeer entsandte zivile Rettungsflotte ist inzwischen auf rund 20 Schiffe angewachsen – die allerdings wegen Werftzeiten, Reparaturen oder Rotationen nicht immer gleichzeitig unterwegs sind. Finanziert werden die beispiellosen Missionen größtenteils durch Spenden.
In Deutschland konnten die Vereine mit politischem Druck 2022 für einen Bundestagsbeschluss sorgen, wonach die Bundesregierung vier Jahre lang jährlich zwei Millionen Euro für die Seenotrettung ausgibt; die Gelder werden verwaltet vom Verein »United 4 Rescue«, der auch Spenden kirchlicher Organisationen erhält.
Früh waren die Aktivist*innen auf See auch Repression ausgesetzt. Anfangs ging diese hauptsächlich von libyschen Milizen aus, die als »Küstenwache« bereits 2016 mit Waffengewalt die Brücke der »Sea-Watch« besetzten. Diese Bedrohungen setzen sich bis heute fort. Seit 2023 macht den Organisationen vor allem ein neues italienisches Gesetz zu schaffen, wonach Schiffe, wenn sie zu viel retten, festgesetzt und die Kapitän*innen mit Geldstrafen belegt werden können.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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