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Schmonzes oder das je schon Seiende

Was Heidegger, Hegel und Marx dazu zu sagen hatten – und natürlich auch Sokrates

Ist das Schmonzes? Nein, eine Empfehlung: statt nach bayerischen Oktoberfestbrezeln zu gieren, aus Solidarität mit israelischen Friedensaktivisten knusprige Davidsterne backen.
Ist das Schmonzes? Nein, eine Empfehlung: statt nach bayerischen Oktoberfestbrezeln zu gieren, aus Solidarität mit israelischen Friedensaktivisten knusprige Davidsterne backen.

Am Anfang war der Schmonzes. In Ordnung, am Anfang war eigentlich Tohuwabohu, aber zwischen Tohuwabohu und Schmonzes unterscheiden zu wollen, wäre nun wirklich Schmonzes. Außerdem hätte man das bei dem ganzen Tohowabohu ohnehin nicht unterscheiden können.

Am Anfang war also der Schmonzes. Obwohl beim Schmonzes der Anfang nach dem Ende kommt; deshalb hätte der Schmonzes eigentlich schon am Ende sein müssen, bevor er anfing, aber das war dem Schmonzes egal, weil er sich nie darum schert, was eigentlich sein müsste, und erst recht nicht darum, was eigentlich hätte sein müssen. Deshalb gibt es Schmonzes, auch wenn es ihn weder jetzt geben sollte noch je hätte geben dürfen.

Am Anfang war der Schmonzes, und obgleich auch der Anfang beim Schmonzes nach dem Ende kommt, nimmt der Schmonzes kein Ende. Alles nimmt ein Ende, der Schmonzes hingegen nimmt alles.

Am Anfang war also alles nur Schmonzes. Doch Gott schuf durch ein Wort die ganze Welt, und mit der ganzen Welt auch den Menschen und mit dem Menschen auch die Buchstaben und mit den Buchstaben auch die Wörter. Doch der Mensch schuf durch sein Wort wieder den Schmonzes. Die Geschichte der Menschheit ist die Geschichte dessen, wie der Schmonzes sich wandelt, aus einem kosmischen Gefäß in ein anderes sich ergießt, aus einem Gehirn in ein anderes, obwohl er in diesem anderen Gefäß und in diesem anderen Gehirn ohnehin auch immer schon drin war, genauso wie außerhalb.

Ezzes von Estis

Alexander Estis, freischaffender Jude ohne festen Wohnsitz, schreibt in dieser Kolumne so viel Schmonzes, dass Ihnen die Pejes wachsen.

Heidegger hätte deshalb sicher gesagt: Der Schmonzes war das je schon Seiende. Aber Heidegger war selbst so voller Schmonzes, dass er nicht im Stande war, die Welt als von Schmonzes durchdrungen und die Weltgeschichte als dessen Manifestation zu begreifen. Da war Hegel, der alte Kopfverderber, schon weiter, denn er sagte: »Man muss den Schmonzes wie ein Irdisch-Göttliches verehren.« Dann kam Marx und sagte, dass der Schmonzes ungleich verteilt sei, und das obwohl Freud schon kurze Zeit später gesagt haben würde, dass der Schmonzes in uns allen drin sei und in allem, was wir tun. Und recht hatte er – auch wenn wir nicht wissen können, wer!

Oder schaut euch die Franzosen an: Sartre und Camus erkannten in der Welt den Schmonzes, aber weil es den Franzosen nicht genug Schmonzes in der Welt gab, kamen Derrida und Deleuze. Seither gibt es noch viel mehr Schmonzes in der Welt, als es vorher schon nicht hätte geben dürfen. Dabei hatten schon die alten Griechen genug Schmonzes produziert, von den jungen ganz zu schweigen – denn die Jungen produzieren, wie man weiß, stets mehr Schmonzes als die Alten, aber nicht etwa weil die Alten weiser wären, sondern einfach weil die Jungen noch mehr Kraft zum Produzieren haben. Schaut euch mal den jungen Schmendrik an, der läuft den ganzen Tag umher, von der Schul zum Markt und vom Markt ins Geschäft und vom Geschäft zum nächsten und vom nächsten nach Hause – und produziert überall Schmonzes, wo er nur kann; während sein Großvater nur zu Hause auf dem Bett Schmonzes produziert, weil er gar nicht mehr herumrennen kann. Daher nennen ihn alle Salomon den Weisen, obwohl ihn früher alle den törichten Schloimo nannten.

So war es auch im alten Griechenland. Sokrates produzierte Schmonzes am laufenden Band, aber weil er nicht viel umherlief, sondern auf dem Markt herumsaß oder sogar bei Tisch herumlag, nannten sie ihn den Weisen. Vor ihm hatten schon die Vorsokratiker genug Schmonzes produziert, auch wenn nur in Fragmenten, also in kleinen Stückchen, was allerdings dazu führte, dass daraus noch größerer Schmonzes wurde. Und obwohl es danach klingen mag, ist das beinahe überhaupt gar nicht so unlogisch.

Denn so verhält es sich mit dem Schmonzes, dass er nur mehr wird, wenn man ihn zerteilt. Die Vorsokratiker schafften es jedenfalls nicht, den Schmonzes zumindest halbwegs vollständig zu produzieren. Aber was will man von ihnen erwarten, sie wussten ja selbst nicht einmal, dass sie die Vorsokratiker waren. Dann kam, wie gesagt, Sokrates und produzierte am laufenden Band Schmonzes, war aber schlau genug, ihn nicht aufzuschreiben, weil er wusste, dass er nur Schmonzes wusste. Leider schrieb Platon den ganzen Schmonzes auf und gab auch noch seinen eigenen Schmonzes dazu. Und dann kamen die Christen und glaubten den ganzen Schmonzes, gerade weil es Schmonzes war – was sie sogar offen zugaben. Die Aufklärung wollte etwas dagegen unternehmen, aber der Schmonzes ist zu mächtig im Menschen.

Auch die Geschichte des Geistes ist deshalb nichts anderes als eine Geschichte dessen, wie die Geister den Schmonzes zu durchdringen versuchten, während tatsächlich ebendieser Schmonzes die Geister durchdrang.

Unser Autor ist lesend und/oder musizierend mit dem Trio Schlo in Berlin zu erleben am 22. September, 18 Uhr, Café Voland (Wichertstraße 63) sowie am 30. September im Pfefferberg-Theater und am 15. Oktober im Anne-Frank-Zentrum

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