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Berlin: Fahrplan aus dem Haushaltschaos
CDU und SPD einigen sich auf Leitlinien für geplante Kürzungen
Die Koalitionspartner CDU und SPD haben Leitlinien festgelegt, wie das erwartete Haushaltsloch im kommenden Jahr und im Doppelhaushalt 2026/2027 abgebaut werden soll. Darauf einigten sich die zwei Parteien bei einer Sitzung des Koalitionsausschusses am Sonntagabend, wie die »Berliner Morgenpost« berichtet. Schwarz-Rot muss im kommenden Jahr etwa drei Milliarden Euro einsparen. Die Koalitionsspitzen hatten angekündigt, sich noch im laufenden Jahr auf einen Sparplan zu einigen.
Der Beschluss soll nun Ordnung in das Haushaltschaos bringen. Zunächst soll den Senatsverwaltungen verboten werden, schon jetzt Förderbescheide an Projektträger für das kommende Jahr auszustellen. Auf diesem Weg soll verhindert werden, dass Ausgaben für 2025 frühzeitig fixgemacht werden. Stattdessen sollen die Zusagen an die Träger erst dann erfolgen, wenn die Kürzungspläne festgezurrt sind.
Auch kreative Buchführung soll beim Sparen helfen: Ein Teil der Investitionen, die der Senat geplant hat, soll demnach nicht mehr von den Senatsverwaltungen selbst bezahlt werden, sondern von landeseigenen Unternehmen. Diese müssen dafür höchstwahrscheinlich Kredite in Milliardenhöhe aufnehmen. So soll die Schuldenbremse umgangen werden, da diese nicht für die Schulden von landeseigenen Unternehmen gilt. Betroffen sind vor allem Klimaschutzmaßnahmen, die ursprünglich Teil des Klima-Sondervermögens waren. Es wurde eingestampft, nachdem ein Gutachten es für verfassungswidrig erklärt hatte.
Eine weitere kurzfristige Maßnahme wird bereits seit Längerem diskutiert: Schwarz-Rot will in verschiedenen Bereichen Standards senken. Für welche Bereiche das konkret gelten soll, ist bislang nicht zu erfahren. In den vergangenen Wochen wurden allerdings immer wieder die Bauvorgaben bei Schulen als eine Möglichkeit genannt, vergleichsweise schmerzlos zu kürzen. Konkret würde das bedeuten, dass etwa die Raumgrößen bei Schulneubauten weniger großzügig angesetzt werden würden. Auch die Standards für neu anzuschaffende Busse und Bahnen könnten sinken.
»Der Finanzsenator macht die Hälfte seines Jobs nicht«
Sebastian Schlüsselburg (Linke)
Finanzpolitischer Sprecher
Mit Blick auf den Landeshaushalt 2026/2027 haben sich CDU und SPD darauf geeinigt, das Niveau der Ausgaben nicht weiter anzuheben. Bislang waren in manchen Bereichen weitere Aufwüchse geplant. Die sollen nun ausbleiben. Mehr als bereits jetzt werden die Senatsverwaltungen also nicht ausgeben können. So soll etwa eine Milliarde Euro eingespart werden. Unklar ist, wie die Ausgaben für Wissenschaft und Hochschulen davon betroffen sein werden. Eigentlich hat sich der Senat im Rahmen der Hochschulverträge verpflichtet, die Ausgaben für die Universitäten Jahr für Jahr kontinuierlich anzuheben.
Auch ein Zeitplan stand auf der Agenda des Koalitionsausschusses. Die Entscheidung für die konkreten Kürzungen soll demnach bei einer Klausurtagung des Senats im November fallen. Zuvor soll eine Arbeitsgruppe aus Abgeordneten Kürzungsvorschläge der Senatsverwaltungen einordnen und eine Liste erstellen.
Aus der Opposition gibt es Kritik an dem Vorgehen der Koalitonäre. »Die Kürzungen werden im Hinterzimmer verhandelt«, kritisiert Sebastian Schlüsselburg, finanzpolitischer Sprecher der Linksfraktion im Abgeordentenhaus. Er fordert, dass das Thema im Parlament behandelt werden muss – und dass Schwarz-Rot einen Nachhaltshaushalt vorlegen müsse, um die Kürzungen transparent zu machen. Einen Fortschritt kann er in der Einigung nicht erkennen. »Die Entscheidungen über konkrete Kürzungen werden weiter aufgeschoben«, kritisiert er.
Dass keine weiteren Förderbescheide für das kommende Jahr ausgestellt werden können, hält Schlüsselburg für falsch. »Das treibt die Verunsicherung auf eine neue Spitze«, sagt er. Viele Träger seien bereits in die Planung für 2025 eingetreten. Dass sie nun bis Dezember oder sogar noch später warten sollen, bis sie feste Zusagen erhalten, erschwere den Betrieb. »Die Träger wissen nicht, woran sie sind«, sagt Schlüsselburg. Er fordert einen »Stabilitätspakt«, mit dem Trägern feste Zusagen gemacht werden sollen.
Dabei schaue der Senat nicht auf die Einnahmenseite. So gäbe es 978 Millionen Euro Steuerrückstände, die bislang nicht von den Finanzämtern eingetrieben wurden. »Der Finanzsenator macht die Hälfte seines Jobs nicht«, so Schlüsselburg.
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