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Shell-Jugendstudie: Wachsende Angst vor Krieg und Armut

Wie ticken Jugendliche in Deutschland politisch und was sind ihre größten Sorgen? Die wichtigsten Ergebnisse der Shell-Studie im Überblick

Besorgt und politisch interessiert: Junge Menschen zwischen 12 und 25 Jahren in Deutschland
Besorgt und politisch interessiert: Junge Menschen zwischen 12 und 25 Jahren in Deutschland

Die Angst vor Krieg und Armut gehört zu den größten Sorgen junger Menschen in Deutschland und ist seit 2019 deutlich gewachsen. Das zeigt die neue Shell-Jugendstudie, die sich auf eine repräsentativ zusammengesetzte Stichprobe von 2509 Jugendlichen im Alter von zwölf bis 25 Jahren stützt.

Zudem befürworten immer mehr Jugendliche laut der Studie autokratisch-autoritäre Haltungen, insbesondere in Ostdeutschland. Während die Jugend insgesamt leicht nach links neigt, rücken vor allem Jungen weiter nach rechts. Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick.

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Darum sorgt sich die Jugend

Die Angst vor einem Krieg in Europa ist zurzeit die größte Angst von Jugendlichen, 81 Prozent der Befragten teilen diese Sorge. Im Jahr 2019 waren es noch 46 Prozent. Auf Platz zwei liegt mit 67 Prozent die Angst vor Armut (2019: 52 Prozent). Platz drei teilen sich mit jeweils 64 Prozent die Sorge vor Umweltverschmutzung (zuvor 71 Prozent) sowie die Angst vor einer wachsenden Feindseligkeit zwischen den Menschen (zuvor 56 Prozent).

Generell machen sich junge Ostdeutsche häufiger Sorgen als junge Westdeutsche. Nur Ausländerfeindlichkeit besorgt Jugendliche in Ostdeutschland seltener als westdeutsche. »Jugendliche aus den neuen Bundesländern scheinen oder fühlen sich auch 35 Jahre nach dem Mauerfall nach wie vor verwundbarer sowie tendenziell benachteiligter und schlechter gestellt als die Gleichaltrigen im Westen«, schreiben die Studienautoren.

In ihren Ängsten unterscheiden sich junge Leute auch nach Bildungsgrad: Jugendliche mit höherer Bildungsposition sorgen sich demnach vor allem um den Klimawandel und den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Bei Jugendlichen mit mittlerer oder niedrigerer Bildung steht die Angst vor einer verschlechterten wirtschaftlichen Lage im Vordergrund. Auch Migration und Zuwanderung sind vor allem eine Sorge von Jugendlichen mit niedrigerer Bildung.

Politisches Interesse gestiegen

Derzeit bezeichnen sich 55 Prozent der Jugendlichen als politisch interessiert. Noch in den 1990er und 2000er Jahren lagen diese Werte viel niedriger, 2002 sogar nur bei 34 Prozent. Und Politik ist nicht mehr vorwiegend Männersache: Zwischen Mädchen und Jungen sind laut der Shell-Studie keine nennenswerten Unterschiede mehr zu verzeichnen.

Außerderm informieren sich junge Menschen mehr über Politik als es in der Vergangenheit der Fall war. 51 Prozent der Jugendlichen informmieren sich demnach aktiv über Politik, 2019 waren es nur 36 Prozent. Auch die Bereitschaft zum politischen Engagement ist langfristig gewachsen, von 22 Prozent im Jahr 2002 auf derzeit 37 Prozent.

Mädchen links, Jungen rechts

Insgesamt positionieren sich Jugendliche 2024 deutlicher als vorherige Generationen. Nur zehn Prozent der Befragten – und damit so wenige wie nie seit 2002 – können oder wollen sich nicht auf einer politischen Rechts-Links-Skala einordnen. Im Schnitt stufen sich die befragten Jugendlichen als leicht links ein. Die Studienautoren können »keine Veränderungen feststellen, die auf einen ›Rechtsruck‹ hindeuten«.

14 Prozent der Jugendlichen ordnen sich als links, weitere 32 Prozent als eher links ein. Zur Mitte zählen sich 26 Prozent. Als eher rechts bezeichnen sich 14 Prozent und als rechts vier Prozent.

Die Studie bestätigt, was schon vorherige Studien gezeigt haben: Männliche Jugendliche rücken nach rechts und vertreten traditionellere Werte, während Mädchen sich eher links und progressiv verorten. Jeder vierte männliche Befragte ordnet sich eher rechts oder rechts ein, 2019 war es noch weniger als jeder Fünfte. Bei den weiblichen Jugendlichen identifizierten sich nur elf Prozent als eher rechts oder rechts.

Zugleich ist der Anteil der Jugendlichen, die eher autokratisch-autoritäre Positionen vertreten, im Vergleich zur vergangenen Jugendstudie deutlich gestiegen. Statt 33 Prozent im Jahr 2019 befürworten mittlerweile 44 Prozent der Jugendlichen die Aussage »Eine starke Hand müsste mal wieder Ordnung in unseren Staat bringen«. In Ostdeutschland triff dies auf 57 Prozent zu.

Nato, Ukraine und Nahost

69 Prozent der Jugendlichen sprechen sich für und nur sechs Prozent gegen eine starke Nato aus. Ähnlich fällt die Bewertung des russischen Angriffskriegs aus. Der Aussage »Russland hat die Ukraine angegriffen und muss dafür bestraft werden« stimmen 60 Prozent der Jugendlichen zu, 13 Prozent insgesamt, 21 Prozent im Osten, sehen dies explizit anders. Aber: Nur 50 Prozent wollen, dass Deutschland die Ukraine militärisch unterstützt, im Osten 44 Prozent.

Unter allen Jugendlichen begrüßt es knapp ein Drittel, dass sich Deutschland klar auf die Seite Israels gestellt hat, genauso viele lehnen dies ab. Etwa ein Viertel ist in der Frage unentschieden. Ähnlich fallen die Zahlen bei der Frage nach der besonderen Verpflichtung Deutschlands gegenüber Israel aus. Über die Hälfte spricht sich zudem dafür aus, dass Deutschland das mit dem Gazakrieg verbundene Leid der palästinensischen Bevölkerung deutlicher anerkennen sollte.

Wissenschaft gesponsort von Shell?

Seit 1953 beauftragt das Öl-Unternehmen Shell Wissenschaftler und Institute mit der Erstellung von Studien, um Einstellungen von jungen Menschen in Deutschland zu dokumentieren. Shell nehme dabei aber keinen Einfluss auf Inhalte und Ergebnisse, heißt es aus dem Unternehmen.

Auf Fragen von Journalisten der Bundespressekonferenz am Mittwochmorgen, ob angesichts dessen, dass Shell zu den umweltschädlichsten Unternehmen der Welt gehört, eine andere Finanzierung der Studie möglich wäre, antwortete der Studienleiter Prof. Dr. Matthias Albert von der Universität Bielefeld, er sehe darin eine begrüßenswerte »Form von Social Corporate Responsibility«. Albert betonte auch mehrfach, die Firma habe keinen Einfluss auf die Studie genommen.

Die Shell-Jugendstudie wird alle fünf Jahre veröffentlicht. In diesem Jahr waren Wissenschaftler der Universität Bielefeld und der Pädagogischen Hochschule Vorarlberg in Zusammenarbeit mit dem demoskopischen Institut Verian für das Erstellen der Studie verantwortlich.

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