Fehlzeiten in der Schule: Zu spät kommen hat Gründe

Die Verschärfungen für Zuspätkommer benachteiligen Kinder, die es ohnehin schwerer haben, findet Julian Daum

Katharina Günther-Wünsch (CDU), Berliner Senatorin für Bildung, Jugend und Familie.
Katharina Günther-Wünsch (CDU), Berliner Senatorin für Bildung, Jugend und Familie.

Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch möchte etwas gegen Berlins schlechten Ruf als »Hauptstadt der Schulschwänzer« tun und hat sich dafür etwas ganz Neues ausgedacht: Sanktionen. Wer fehlt oder sich verspätet, bekommt nun schon früher Ärger als zuvor. Nach zwei »Kulanz«-Verspätungen reichen schon ein paar Minuten Unpünktlichkeit aus, um eine komplette Fehlstunde zu kassieren. Sechsmal den Bus verpassen macht also sechs Fehlstunden, bedeutet offiziell einen ganzen Schultag geschwänzt. Fünf davon im Halbjahr und das Jugendamt könnte sich wegen Kindeswohlgefährdung melden.

In erster Linie bedeuten die Sanktionen eine Benachteiligung für bestimmte Schüler*innen. Denn sie tragen der Tatsache keine Rechnung, weshalb einige Kinder öfter fehlen oder zu spät kommen: Entfernung zur Schule, Probleme zu Hause, psychosoziale Umstände, die es Kindern schwer machen können, ihre Zeit richtig einzuteilen – all das findet keine Berücksichtigung und bringt im Zweifel Probleme für jene, die ohnehin genug Probleme haben.

Mehr noch: Die Senatorin hat im Sommer die Profilstunden an Berlins Schulen zusammengestrichen, die neben Angeboten der Sprachförderung und sonderpädagogischer Förderung genau für die Projekte gedacht waren, die sich nachhaltig um Schüler*innen kümmern, die Probleme mit »Schuldistanz« haben, also Kinder, die sich geistig wie räumlich immer mehr von der Schule entfernen.

Jetzt diese Maßnahmen mit der Begründung einzuführen, dass häufiges Zuspätkommen schon schuldistantes Verhalten sein kann, dem man entgegenwirken möchte, ist reine Symbolpolitik.

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