Big Brother in Kabul

UN beklagen fehlende Pressefreiheit in Afghanistan

  • Lesedauer: 2 Min.
Auch Buchläden wie dieser in Kabul werden von den Taliban ständig kontrolliert, es gibt eine Liste verbotener »unislamischer« Titel.
Auch Buchläden wie dieser in Kabul werden von den Taliban ständig kontrolliert, es gibt eine Liste verbotener »unislamischer« Titel.

Nichts ist gut in Afghanistan – diese Aussage einer früheren Repräsentantin der Evangelischen Kirche in Deutschland trifft immer noch zu. Margot Käßmann hatte sich in einer Neujahrspredigt am 1. Januar 2010 so zum damals schon fast ein Jahrzehnt währenden Nato-Einsatz im Land am Hindukusch geäußert und hatte dafür heftige Kritik aus der Politik geerntet. Der Einsatz wurde im August 2021 abrupt beendet. Menschen, die sich vom westlichen Militärbündnis eine Demokratisierung ihres Landes und Schutz erhofft hatten, wurden im Stich gelassen und damit Verfolgung durch die an die Macht zurückgelangten Taliban ausgesetzt.

In den gut drei Jahren ihrer neuen Herrschaft haben die Islamisten nicht nur die Frauen wieder weitgehend aus dem öffentlichen Leben und aus vielen Berufen verbannt. Sie haben unter anderem auch die Pressefreiheit völlig beseitigt. Das beklagt die UN-Mission in Afghanistan (Unama) in einem am Dienstag veröffentlichten Bericht. Seit der Rückkehr der Taliban an die Macht sind demnach mehr als 250 Journalisten willkürlich verhaftet worden. Zudem seien von August 2021 bis September dieses Jahres 130 Fälle von Folter und Misshandlungen sowie 75 Fälle von Einschüchterungen von Journalisten in dem Land dokumentiert.

Vor allem Journalistinnen seien starken Repressionen ausgesetzt. Dennoch sei ihre Zahl 2023 im Vergleich zum Vorjahr um 17 Prozent gestiegen, nachdem kurz nach der Machtübernahme der Taliban mehr als 80 Prozent der weiblichen Medienschaffenden ihre Arbeit verloren hatten. Auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen liegt Afghanistan auf Platz 178 von 180.

Emran Feroz und Ahmad Zubair haben in Kabul mit Menschen gesprochen und berichten für »nd«, was es bedeutet, in der Öffentlichkeit jedes Wort auf die Goldwaage zu legen und Chatverläufe im Handy stets zu löschen. Denn an Checkpoints können auch Mobiltelefone eingezogen werden. Unabhängige Recherchen und Interviews seien längst nicht mehr möglich, erzählte ihnen ein Journalist. Wer sich nicht stets mit dem Informationsministerium abstimme, bekomme Probleme. nd/dpa

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