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Klassenfrage Klassenfahrt
Klassenfahrten sind essenziell, meint David Rojas Kienzle
Während meines Studiums habe ich nebenbei Klassenfahrten betreut. Ich bin mit Schüler*innen mehrerer Schulen an die Ostsee gefahren und habe mit den Jugendlichen Filme gedreht. Ob sie von mir etwas gelernt haben? Vielleicht. Ich hoffe, sie hatten zumindest Spaß. Mit Sicherheit kann ich aber sagen, dass die Woche an der Ostsee für manche der 14-Jährigen das erste Mal in ihrem Leben war, dass sie Berlin verlassen haben.
Klar, das ist nur eine Anekdote, aber sie zeigt ganz klar: Klassenfahrten sind für manche Schüler*innen die einzige Möglichkeit, überhaupt so etwas wie Urlaub zu machen. Für Kinder wohlhabenderer Familien ist es eher selbstverständlich, die Welt abseits ihrer Viertel zu sehen.
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Wie im ganzen sozialen- und Bildungsbereich, tun Kürzungen auch bei diesem Haushaltsposten weh. Da ist es wohlfeil, wenn Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) während der Pressekonferenz des Senats betont, dass die Kürzungen ja technisch gesehen die Dienstreisekosten für Lehrer*innen betreffen.
Von ihr ins Spiel gebrachte alternative Finanzierungsmöglichkeiten, wenn das entsprechende Budget für Schulreisen aufgebraucht ist, machen stutzig. Wenn etwa, wie von der Bildungssenatorin vorgeschlagen, Fördervereine von Schulen die Kosten übernehmen sollen, würde das nur dazu führen, dass Schulen, auf die Kinder wohlhabenderer Eltern gehen, sich Klassenfahrten mehr leisten können, als Schulen in benachteiligten Kiezen.
Die staatliche Finanzierung von Klassenfahrten ist also eine Klassenfrage. Als Berliner Jugendliche*r an die Ostsee fahren zu können, sollte aber kein Privileg für Kinder reicher Eltern sein.
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