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8. Mai alle fünf Jahre ein Feiertag
Brandenburgs Landtag erwägt die Aufwertung des Gedenktags an die Befreiung vom Faschismus
In Brandenburg wird geprüft, den 8. Mai ab 2030 alle fünf Jahre zum arbeitsfreien Feiertag zu machen. Außerdem sollten alle Landeskinder in ihrer Schulzeit einmal eine NS-Gedenkstätte besucht haben. Das hat der Landtag am Donnerstag beschlossen. Bisher ist der 8. Mai ein Gedenktag, an dem Kinder und Jugendliche in die Schule gehen und dort auch etwas über die Befreiung vom Faschismus vor jetzt 80 Jahren erfahren sollen. Einerseits habe sich der Gedenktag bewährt, andererseits hätte ein Feiertag eine besondere Bedeutung, wog der SPD-Abgeordnete Ludwig Scheetz das Für und Wider ab. Es sollte eine Anhörung von Fachleuten dazu geben, sagte Scheetz.
Die AfD beantragte vergeblich, künftig nicht mehr von Befreiung zu sprechen. Angeblich werde nicht an die deutschen Opfer des Zweiten Weltkriegs erinnert. »Das ist ein schlimmes Versäumnis und eine Schande«, ereiferte sich der AfD-Abgeordnete Dominik Kaufner. Gerade in Ostbrandenburg seien die sowjetischen Soldaten brutal vorgegangen. Mit Ostbrandenburg meinte Kaufner jedoch nicht jene Gebiete der Mark Brandenburg, die heutzutage darunter verstanden werden. Er meinte die historische Neumark, die seit 1945 zu Polen gehört. »In diesem Teil der Mark wurde sicher niemand befreit«, behauptete Kaufner, der vor seinem Einzug in den Landtag an einem Berliner Gymnasium Geschichte unterrichtete.
Dem BSW, dessen Fraktionschef Niels-Olaf Lüders den sowjetischen Befreiern gedankt hatte, warf Kaufner »Sowjetromantik« vor. Als angebliches Argument gegen die Verwendung der Bezeichnung »Befreiung vom Faschismus« führte der AfD-Politiker an, diese Bezeichnung sei erstmals 1949 in der damaligen SED-Zeitung »Neues Deutschland« verwendet worden. Der Begriff »verhöhne« die deutschen Opfer.
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»Unerträglich und würdelos« nannte die SPD-Abgeordnete Elske Hildebrandt diese Tiraden. »Sie verwechseln Ursache und Wirkung«, wies Hildebrandt den AfD-Mann darauf hin, dass Hitlerdeutschland den Zweiten Weltkrieg entfesselt und damit alles Leid verursacht hatte.
SPD-Politiker Scheetz sprach von einer Täter-Opfer-Umkehr und bezeichnete Kaufners Sichtweise als »Frontalangriff auf die geschichtliche Wahrheit«. Der Landtagsabgeordnete Rainer Genilke (CDU) wandte sich gegen eine »Instrumentalisierung von links und rechts«. Der Tag der Befreiung sei ein Tag der widersprüchlichen Gefühle, an dem man auch trauern könne und müsse. Genilke stellte klar: »Nie können die Opfer des Zweiten Weltkriegs ein Vogelschiss der Geschichte sein.« Damit spielte er darauf an, dass der AfD-Bundestagsabgeordnete Alexander Gauland 2018 behauptet hatte: »Hitler und die Nazis sind nur ein Vogelschiss in über 1000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte.«
Brandenburgs Antisemitismusbeauftragter Andreas Büttner erklärte am Donnerstag im Landtag, der Antisemitismus habe den Krieg überlebt. Büttner fragte: »Ist die Befreiung beendet, wenn Synagogen von der Polizei geschützt werden müssen?«
Die BSW-Fraktion bestimmte das erste Mal das Thema der aktuellen Stunde des Landtags und wählte den 80. Jahrestag der Befreiung. »Frieden ist keine Selbstverständlichkeit. Seine Wahrung bedarf konkreter Schritte«, sagte Fraktionschef Lüders. »Nie wieder darf ein deutscher Panzer gen Osten rollen. Nie wieder darf ein deutsches Gewehr gen Osten schießen.« Lüders rügte, dass in der Ukraine Straßen nach Stepan Bandera (1909–1959) benannt sind. Bandera wird dort heutzutage als Kämpfer für die Unabhängigkeit von Russland verehrt, obwohl seine Milizen im Krieg bei der Verfolgung der Juden gemeinsame Sache mit den deutschen Besatzern gemacht hatten.
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