Nach Deal mit Italien jetzt 43 Migranten in Albanien inhaftiert

Italienische Regierung will Ausweitung der Überstellungen mit Vertrauensfrage verbinden

  • Giansandro Merli
  • Lesedauer: 3 Min.
Das Lager in Gjader ließ die Regierung im vergangenen Jahr in aller Eile im nördlichen Albanien errichten.
Das Lager in Gjader ließ die Regierung im vergangenen Jahr in aller Eile im nördlichen Albanien errichten.

Italien hat 28 weitere Migranten nach Albanien überstellt, womit sich inzwischen insgesamt 43 Personen im sogenannten Rückführungszentrum (CPR) in der Hafenstadt Gjader befinden. Die Überstellung erfolgte am Freitag per Schiff von Brindisi aus, wurde jedoch erst diese Woche öffentlich bekannt gemacht. Sechs der Überstellten stammten aus einem CPR in Turin und mussten, wie der Abgeordnete Marco Grimaldi vom Links-Grünen-Bündnis berichtete, eine 19-stündige Busfahrt zurücklegen, bevor sie an Bord gehen konnten.

»Man hat ihnen die Gründe für die Auswahl nicht mitgeteilt. Sie haben verschiedene Staatsangehörigkeiten: Gambia, Algerien, Nigeria, Indien, Bangladesch und Senegal«, so Grimaldi.

Im Rahmen des italienisch-albanischen Abkommens mussten die Behörden bereits 16 Rückführungen nach Italien durchführen. Weitere fünf Migranten konnten aus gesundheitlichen Gründen nach Italien zurückkehren. Für 18 weitere Personen bestätigte das Berufungsgericht in Rom ihre Inhaftierung nicht, nachdem sie in Gjader einen Asylantrag gestellt hatten.

Diese Entscheidung steht allerdings im Widerspruch zum Urteil des italienischen Kassationsgerichtshofs vom vergangenen Donnerstag: Das höchste italienische Gericht hatte die Inhaftierung in Gjader auch dann für rechtmäßig erklärt, wenn ein Antrag auf Schutz oder Asyl gestellt wird. Es ist daher kein Zufall, dass die neuen Überstellungen nach Albanien bereits am folgenden Tag stattfanden.

Die Entscheidung des Berufungsgerichts war durch die Zurückverweisung durch den Kassationsgerichtshof aufgehoben worden, weshalb am Montag eine neue Anhörung stattfand. Die Verteidigung des betroffenen Migranten brachte neue Argumente gegen die Inhaftierung jenseits der Adria vor: Anders als im Strafvollzug sei die Verlegung nach Albanien nicht gerechtfertigt, und das Zentrum in Gjader sei für Drogenabhängige ungeeignet, da es dort keine entsprechende Betreuung gebe. Der zuständige Richter will in Kürze ein Urteil fällen.

Das Urteil des Kassationsgerichts stammt von der ersten Strafkammer, die innerhalb von 20 Tagen drei Urteile zugunsten von Abschiebungen nach Albanien gefällt hat. Die Zuordnung der Inhaftierung von Asylbewerbern zum Strafrecht geht auf einen Erlass der Regierung vom vergangenen Herbst zurück, mit dem diese Angelegenheiten aus den spezialisierten Einwanderungsabteilungen der erstinstanzlichen Gerichte herausgelöst wurden. An vielen Gerichten werden diese Fälle jedoch weiterhin von Zivilrichtern bearbeitet.

Unterdessen wurde am Dienstag in der italienischen Abgeordnetenkammer das »Albanien-Dekret« diskutiert, das die derzeitige Inhaftierung von Asylbewerbern aus sicheren Herkunftsländern auf andere Migranten, die ohne Papiere auf italienischem Hoheitsgebiet angetroffen werden, ausweitet.

Die Regierung beabsichtigt, mit der Entscheidung über das Dekret eine Vertrauensfrage im Parlament zu verbinden. Von den eingereichten Änderungsanträgen bleibt nur einer bestehen, den die Berichterstatterin Sara Kelany von der rechtsextremen Regierungspartei Fratelli d’Italia (FdI) im Ausschuss eingebracht hat: Wer in Gjader einen Asylantrag stellt, muss auch dort bleiben.

Der Text ist am 13. Mai in längerer Fassung in unserem Partnermedium »Il Manifesto« erschienen.

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