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Stahl in Duisburg-Süd: Verhandlungen über Sozialtarifvertrag
Betriebsrat verlangt konstruktive Gespräche über Abfindungsregelungen für Stahl-Standort
Die Zukunft von Deutschlands größtem Stahlstandort bleibt ungewiss. Weil es aber wieder Verhandlungen über einen Sozialtarifvertrag gibt, hat die IG Metall weitere Streiks bei den Hüttenwerken Krupp-Mannesmann (HKM) im Süden von Duisburg ausgesetzt. Zudem versprechen der Haupteigner Thyssen-Krupp Steel Europe (TKSE) und Mitgesellschafter Salzgitter AG, in den nächsten zwei Jahren HKM nicht zu schließen.
Seit einigen Tagen gibt es Sondierungsgespräche zum Sozialtarifvertrag mit den drei Gesellschaftern, wozu auch noch Vallourec aus Frankreich gehört. HKM-Betriebsratsvorsitzender Marco Gasse spricht gegenüber »nd« von einem »Pingpong-Spiel zwischen den Akteuren« und hofft wie seine rund 3000 Kollegen in Duisburg-Hüttenheim auf konstruktive Gespräche. Klar sei aber auch, dass am Ende die Kapitalseite einschließlich des mächtigen Mutterkonzerns Thyssen-Krupp die Entscheidung für oder gegen das Werk und einen möglichen Sozialtarifvertrag fällen wird. »Da es ihr Geld ist, entscheiden sie auch, so ist es in der Marktwirtschaft«, sagt Gasse.
Sollte es zu keiner Einigung kommen, wird weiter gestreikt, heißt es von der IG Metall dazu. Die hohe Beteiligung an den bisherigen Warnstreiks hat laut der Gewerkschaft dazu beigetragen, dass man wieder an einem Tisch sitzt.
Der HKM-Betriebsrat Mirze Edis ist für Die Linke in den neuen Bundestag eingezogen. Er hatte auf dem Bundesparteitag in Chemnitz vor zwei Wochen einen Dringlichkeitsantrag zum Erhalt der 3000 Arbeitsplätze bei den HKM eingebracht, der einstimmig verabschiedet wurde. Thyssen-Krupp erhalte zwei Milliarden Euro für den Bau einer Direktreduktionsanlage. Die Bundesregierung dürfe nicht hinnehmen, dass im Gegenzug Standorte geschlossen und Arbeitsplätze abgebaut werden, heißt es im Antrag.
Jetzt soll erst einmal ein Unternehmensberater, der vom Betriebsrat beauftragt worden ist, »alles durchrechnen und Szenarien durchsprechen«, erklärt Marco Gasse. Da der hochgejubelte Investor CE Capital Partners aus Hamburg vom Kauf der HKM dann doch Abstand genommen habe und derzeit wohl kein Käufer da sei, der bereit wäre, eigenes Geld in die Transformation der HKM zu einer klimafreundlichen Produktion zu investieren, solle nun ein Sozialtarifvertrag soziale Härten verhindern und Perspektiven bieten.
In Duisburg bereitet man sich also auf das Schlimmste vor. In erster Linie geht es darum, Vereinbarungen über Abfindungsregelungen, eine Ausweitung der Altersteilzeit, Qualifizierungen, Motivationsprämien und eine Absicherung der Auszubildenden zu treffen. Massenentlassungen wären für den ohnehin kriselnden Standort eine Katastrophe. Und viele Zulieferer hängen an den HKM.
Zuletzt hatte das Management von Salzgitter, die 30 Prozent an der Hütte in Duisburg-Süd halten, angekündigt, eine eigenständige Fortführung der Produktion zu prüfen. Doch selbst wenn es zu einer Teilfortführung der HKM käme, würde das zum Abbau vieler Arbeitsplätze führen, meint Gasse, zumal Haupteigner TKSE selbst nur noch bis 2032 Stahlmengen der HKM abnehmen wird. Bestenfalls.
Die komplette Schließung wäre das Ende einer jahrhundertelangen Industriegeschichte. Retten könnten HKM eine staatliche Förderung für den Bau von Elektroöfen, Entscheidungen der Bundesregierung für einen Industrie-Strompreis und E-Auto-Prämien. Dennoch: Eine wirkliche Rettung gibt es nur, wenn ein Investor die HKM kauft und in die Transformation von grünem Stahl investiert.
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