Anleger profitieren weiter

Milliardenausschüttungen trotz kriselnder Wirtschaft und stagnierender Nachhaltigkeit

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 4 Min.
Guter Dinge trotz Protest: Finanzvorständin der Daimler Truck AG, Eva Scherer, und Vorstandsvorsitzender Martin Daum bei der diesjährigen Hauptversammlung
Guter Dinge trotz Protest: Finanzvorständin der Daimler Truck AG, Eva Scherer, und Vorstandsvorsitzender Martin Daum bei der diesjährigen Hauptversammlung

Die diesjährige Hauptversammlungssaison endet für viele Anleger mit einem satten Plus. In deren Fokus stehen in Deutschland die 40 Aktiengesellschaften, die im Dax-Index der Frankfurter Börse gelistet sind. Zwar gibt es auch große Unternehmen wie Aldi, Bosch oder Bertelsmann, die ganz oder teilweise im Besitz einer Stiftung sind. Doch die DAX-Konzerne bestimmen ganz wesentlich über die Musik, die in der deutschen Volkswirtschaft gespielt wird. So betrachtet, müsste die Stimmung hierzulande trotz Protesten eigentlich blendend sein.

Die Dividendenausschüttungen der DAX-Konzerne liegen in diesem Jahr nur minimal – um 0,2 Prozent – niedriger als im Vorjahr und damit auf dem zweithöchsten Wert aller Zeiten. Insgesamt 54 Milliarden Euro zahlen die Unternehmen ihren Aktionären in diesem Jahr, nach 54,1 Milliarden Euro im Vorjahr. Das entspricht mehr als der Hälfte des Gewinns der DAX-Konzerne (Jahresüberschuss nach Steuern). Auch diese Gewinne lagen, Sonderfaktoren herausgerechnet, auf dem hohen Niveau des Vorjahres. Das sind Ergebnisse einer Analyse des Prüfungs- und Beratungsunternehmens EY (früher Ernst & Young).

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Ausschüttung und Protest

14 der 40 DAX-Konzerne schütten so viel Geld an ihre Eigentümer aus wie nie zuvor – nur drei Unternehmen zahlen keine Dividende. Übrigens liegt keine der Konzernzentralen in Ostdeutschland. Größter Dividendenzahler ist mit 5,9 Milliarden Euro der Versicherungskonzern Allianz in München. Die Deutsche Telekom mit Sitz in Bonn glänzt mit einer Ausschüttungssumme von 4,4 Milliarden Euro. Mercedes-Benz in Stuttgart schüttet 4,1 Milliarden Euro aus und damit deutlich weniger als 2024. Deutliche Einbußen hinnehmen müssen vor allem Aktionäre der Autokonzerne.

»Angesichts der schwierigen Wirtschaftslage und großer konjunktureller und politischer Risiken ist die fast rekordhohe Dividendenausschüttung der DAX-Konzerne eine sehr positive Nachricht«, schreibt EY in seiner Analyse. Etliche Unternehmen hätten nicht nur gute Zahlen für 2024 vorgelegt. Sie seien auch auf einem guten Weg, 2025 zu einem weiteren Rekordjahr zu machen. »Davon profitieren die Anleger.«

Was nicht allen Anteilseignern gefällt. Auf den Hauptversammlungen von Rheinmetall (dem DAX-Konzern mit dem stärksten Umsatzwachstum), Hensoldt und Daimler Truck wurden die Vorstände und Aufsichtsräte mit scharfer Kritik konfrontiert. So protestierten etwa der Dachverband Kritischer Aktionärinnen und Aktionäre, die Initiative »Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel« und die Vereine Facing Finance und »Ohne Rüstung leben« gegen die Beteiligung an nuklearer Aufrüstung und Exporte in Staaten, die in völkerrechtswidrige Kriegshandlungen verstrickt sind.

Weltweit hohe Dividenden

Auch global glänzt aus Kapitalsicht die Hauptverhandlungssaison außerordentlich. Die Dividendenausschüttungen in vielen Ländern waren geprägt von Rekorden. Insgesamt legten sie im vierten Quartal um 15,3 Prozent zu, ermittelte der US-Vermögensverwalter Vanguard. Und so scheint es trotz aller wirtschaftspolitischen Unsicherheiten weiterzugehen: Im ersten Quartal 2025 belief sich das weltweite Ausschüttungsvolumen auf umgerechnet 398 Milliarden US-Dollar (rund 350 Milliarden Euro) – ein Anstieg von 9,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

Dabei spielten chinesische Konzerne eine bemerkenswerte Rolle. Chinas »Big 4«, die vier größten Staatsbanken ICBC, Bank of China, Agricultural Bank of China und Bank of Communications, schütteten im ersten Quartal 24,3 Milliarden US-Dollar aus. Trotz Chinas außergewöhnlicher Zwischendividende – mancherorts werden Dividenden übers Jahr verteilt an die Aktionäre ausgezahlt – bleibt Nordamerika mit rund 191 Milliarden US-Dollar im ersten Quartal der größte Dividendenzahler, gefolgt von Schwellenländern (74 Milliarden USD), Europa (51 Milliarden USD) und eben China (38 Milliarden USD).

Nun sind Aktienkurse und Dividenden nicht alles. Besonders in der Bundesrepublik interessieren sich private wie institutionelle Anleger auch für die Klimabilanz der Unternehmen. Wenngleich die Europäische Kommission und das Parlament in Brüssel im April das Inkrafttreten der Pflicht, umfassende Nachhaltigkeitsberichte zu erstellen, um zwei Jahre verschoben haben, mussten die Vorstände zusätzliche Berichtspflichten erfüllen. So sanken die CO₂-Emissionen der DAX-Konzerne um sechs Prozent. Doch trotz Bemühungen, auf erneuerbare Energien umzustellen, entfielen im vergangenen Jahr immer noch 84 Prozent des Energieverbrauchs auf fossile Energieträger.

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