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Haftstrafen gegen VW-Manager: »Fader Nachgeschmack«
Nach erstem Urteil im VW-Dieselskandal: Wie geht es bei Ex-Chef Winterkorn weiter?
Knapp zehn Jahre nach Bekanntwerden des Dieselskandals sind zwei frühere VW-Manager zu Haftstrafen verurteilt worden. Sie hätten sich des Betrugs in besonders schwerem Fall schuldig gemacht, urteilte die Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Braunschweig am Montag. Der Spruch ist noch nicht rechtskräftig.
Ein ehemaliger Leiter der Dieselmotoren-Entwicklung muss für viereinhalb Jahre ins Gefängnis. Zwei Jahre und sieben Monate Haft bekam der frühere Chef der Antriebselektronik. Der ranghöchste Angeklagte, ein Ex-Entwicklungsvorstand der Marke Volkswagen, erhielt ein Jahr und drei Monate auf Bewährung, ein ehemaliger Abteilungsleiter ein Jahr und zehn Monate auf Bewährung.
Die Verantwortung für den Betrug tragen nach Überzeugung des Gerichts indes nicht nur die vier Verurteilten. Die Motoren seien von einer Vielzahl von Personen entwickelt worden, sagte der Vorsitzende Richter Christian Schütz. Zeugen hätten vorsätzlich unzutreffende oder ungenaue Angaben gemacht, da sie teilweise selbst Beteiligte seien.
Der Prozess war 2019 gestartet worden. Hintergrund sind die jahrelangen Manipulationen bei Dieselautos, die vorgeschriebene Abgaswerte nur auf dem Prüfstand einhielten. Das Verfahren gegen den ehemaligen VW-Chef Martin Winterkorn wurde abgetrennt und ist wegen dessen Gesundheitszustands seit Monaten unterbrochen. Es laufen noch vier weitere Prozesse gegen 31 Angeklagte. Gegen mehr als vier Dutzend Beschuldigte wurden Verfahren eingestellt.
»Dieses Urteil hinterlässt einen faden Nachgeschmack.«
Rudolf Hickel Ökonom
»Dieses Urteil hinterlässt einen faden Nachgeschmack«, sagte der Bremer Ökonom Rudolf Hickel gegenüber »nd«. »Der Betrug war nur durch das Gesamtsystem mit vielen Beteiligten bei VW möglich.« Wer Winterkorn und seinen autoritären Führungsstil kenne, der wisse, dass ein Betrugssystem an ihm vorbei unvorstellbar gewesen sei. Eine »schonungslose Aufklärung« verlangt Hickel aber auch über die Rolle des Gesamtbetriebsrates und des Aufsichtsrates. Notwendig sei, »ein mehrfach redundantes System zur Vermeidung solcher illegalen Aktionen einzurichten«. Dazu gehöre auch ein ernstgemeintes Whistleblowing.
Die Deutsche Umwelthilfe forderte politische Konsequenzen: »Etwa acht Millionen betroffene Dieselautos sind immer noch auf deutschen Straßen unterwegs«, sagte Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Er rief Verkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) auf, »die Stilllegung aller Betrugs-Pkw oder die Nachrüstung mit wirksamer Abgasreinigungstechnik auf Kosten der Hersteller« anzuweisen. Mit Agenturen
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