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Iranischer Regisseur Jafar Panahi: Der Unbeugsame
Cannes-Gewinner Jafar Panahi verkörpert Widerstand gegen Zensur und Unterdrückung
Ein bewegender Anblick, der vielen im Gedächtnis bleibt: Er saß einfach da, die Hände hinter dem Kopf verschränkt, während alle um ihn herum aufstanden und applaudierten. Nach ein paar Sekunden erhob auch er sich. Dieses Bild symbolisiert nicht nur sein Schicksal, sondern auch den jahrelangen Widerstand im Iran: die Erschöpfung, die Härte des Weges und die Bitterkeit des Verbotenen – und dennoch voller Kraft und Hoffnung.
Jafar Panahis Erfolg wird weltweit gefeiert. Doch das iranische Staatsfernsehen bezeichnet die Goldene Palme von Cannes, die er für seinen Film »Un Simple Accident« gewann, als künstlerisch »bedeutungslos« und wirft dem Festival politische Motivation vor. Frankreichs Außenminister Jean-Noël Barrot äußerte seine Glückwünsche gegenüber Panahi und sprach von einer »Geste des Widerstands gegen die Unterdrückung durch das iranische Regime«. Auch aufgrund seiner Äußerungen wurde der ranghöchste französische Diplomat in Teheran einbestellt.
Von vielen Menschen im Iran, Filmemachern sowie Persönlichkeiten aus Kultur und Politik wurde Panahi hingegen gelobt. Er gehört zu den wenigen Regisseuren, die es geschafft haben, alle drei hochbegehrten Preise von Venedig, der Berlinale und Cannes zu gewinnen. Die Filme Jafar Panahis zeigen das Verbotene – sein Erfolg bedeutet demnach für viele den Sieg der Wahrheit über die Zensur und des Widerstands über das Schweigen.
Panahi demonstriert, wie engagierte Kunst selbst hinter den Mauern der Zensur weltweit Bewunderung hervorrufen kann. Mit seinen Filmen kämpft er gegen Ungerechtigkeit, Unmenschlichkeit und Repression und setzt sich kritisch mit den Machthabern im Iran auseinander. Es geht stets um das Leben und die Probleme der Menschen auf der Straße oder sonstwo, denen er begegnet.
Sein neuester Film ist geprägt von seiner siebenmonatigen Gefängniserfahrung und den Geschichten der Menschen, die er dort getroffen hat. Der heimlich gedrehte Film wird bereits durch die Darstellung unverschleierter Frauen zu einem Akt des Widerstands gegen die iranischen Hijab-Vorschriften. Die Handlung folgt einer Gruppe ehemaliger Gefangener, die überzeugt sind, ihren ehemaligen Folterer wiedergefunden zu haben. Vor dieser Konfrontation stehen sie vor der quälenden Entscheidung: Vergeltung oder Verzicht auf Rache?
Genau diese Geschichten machen Panahis Filme so beliebt. Die Goldene Palme in Cannes, die der unermüdliche Regisseur des iranischen Independent-Kinos gewonnen hat, ist vor allem eine Chance für das iranische Underground-Kino auf der Weltbühne – ein Kino, das einen unkonventionellen Weg eingeschlagen hat und trotz aller Widerstände seine Stimme erhebt.
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