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Berlin: Presse von Polizei verletzt
Ein Journalist wurde am Sonntag von Beamten gestoßen. Presseverband fordert Konsequenzen
Am Sonntag kam es erneut zu einem Angriff auf einen Videojournalisten in der Hauptstadt. Der Journalist war als solcher durch einen Presseausweis erkennbar, der um seinen Hals hing. Der junge Mann filmte mit seinem Handy auf einer Demonstration von circa 500 Antifaschist*innen, die den Aufmarsch von mehreren Dutzend Jungnazis im Ortsteils Mitte verhindern wollten.
Erst vor wenigen Wochen wurde der bekannte Videojournalist Ignacio Rosaslanda laut eigener Aussage während seiner Arbeitszeit von Polizeibeamten ins Gesicht geschlagen, zu Boden geworfen und über Stunden hinweg festgenommen. Auch Rosaslanda trug einen Presseausweis um den Hals. Sein Video dokumentiert den Vorfall, zu dem das Landeskriminalamt wegen Verdachts auf Körperverletzung im Amt derzeit ermittelt.
Den Vorfall am Sonntag zeigen zwei verschiedene Videos in den sozialen Medien. Eines davon stammt von der Kamera des angegriffenen Journalisten. Auf den Videos ist erkennbar, wie Polizeibeamte mehrere Antifaschist*innen festnehmen. Der Journalist filmt die Festnahmen aus circa zwei Meter Distanz. Daraufhin schubst ein Polizeibeamter den jungen Mann. »Stör’ die polizeiliche Maßnahme nicht«, sagt der Beamte zum Journalisten. »Ich bin Presse«, erwidert dieser. »Ja, und? Dann geh weg«, brüllt der Beamte sichtlich erzürnt und schubst den Videojournalisten erneut. Ein zweiter Beamter läuft auf den Journalisten zu und stößt ihn kraftvoll zu Boden. Während des Falls schreit der Mann auf und fasst sich an den Fußknöchel.
Nach seinem Fall filmt der Journalist vom Boden aus weiter. Er steht kurzzeitig auf, fasst sich an seinen Knöchel und sackt zu Boden. »Geht’s dir gut?«, ruft eine festgenommene Antifaschistin ihm zu. Sie befindet sich offenbar in einem Schmerzgriff: Zwei Beamte verdrehen ihre Arme so weit am Rücken, dass sie sich vornüber beugen muss. Der Journalist filmte mit Hand am Knöchel die Situation vom Boden aus weiter.
Laut dem Verband Jugendpresse Berlin-Brandenburg erlitt der Journalist eine Fußverletzung und musste im Anschluss mehrere Stunden im Krankenhaus verbringen. »Gerade junge Medienschaffende, die sich oft ehrenamtlich und mit großem Engagement für unabhängige Berichterstattung einsetzen, haben Anspruch auf besonderen Schutz – nicht auf staatliche Gewalt«, teilt der Vorstandsvorsitzende Lukas Hinz mit.
Angesichts des Vorfalls fordert der Verband nicht nur eine umfassende Aufklärung, sondern auch eine dienstrechtliche Bewertung der Einsatzkräfte sowie transparente Maßnahmen, um die Pressefreiheit bei zukünftigen Polizeieinsätzen zu sichern. Außerdem habe er sich in einem »offiziellen Schreiben an die Polizeipräsidentin von Berlin sowie an die Senatorin für Inneres und Sport gewandt«.
Die Senatsverwaltung für Inneres verwies auf nd-Anfrage auf die Zuständigkeit der Polizei im Fall. Diese antwortete bis Redaktionsschluss nicht.
Der jüngst erschienene Report zur Lage der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen dokumentiert fünf Fälle von Gewalt gegen Pressevertreter*innen durch die Polizei im vergangenen Jahr in Berlin. Insgesamt hat sich laut der Organisation die Zahl gewaltsamer Angriffe auf Journalist*innen in Deutschland 2024 verdoppelt.
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