Berliner Mietrebell »Manne« Moslehner verstorben

85-Jähriger kämpfte bis zuletzt erfolgreich gegen die Räumung seiner Wohnung

Manfred »Manne« Moslehner
Manfred »Manne« Moslehner

Der als Mietenaktivist bekanntgewordene Manfred »Manne« Moslehner ist tot. Das teilte die Initiative »Siedlung am Steinberg kämpft« mit. Mit ihr hatte Moslehner 14 Jahre lang und bis zuletzt erfolgreich die Räumung seiner Wohnung abgewehrt.

Als Moslehners kleines Mietshaus im Ortsteil Tegel verkauft wird, ist er bereits 71 Jahre alt. Der neue Eigentümer, die Am Steinberg Entwicklungsgesellschaft mbH will die Häuser von rund 40 Mietparteien sanieren. Moslehner, der in seinem Wohnhaus das Licht der Welt erblickte, und andere Altmieter*innen stellen sich quer. Eine Zwangsräumung würde er nicht überleben, fürchten Unterstützer*innen zwischendurch. Moslehner wird in der Berliner Mietenbewegung zum Gesicht von betagten Mietrebell*innen, die aufgrund der eigenen Betroffenheit in den Widerstand treten.

Im Herbst vergangenen Jahres setzt das Landgericht den Schlusspunkt des vorerst letzten Kapitels der Auseinandersetzung. Es hebt das Räumungsurteil der Vorinstanz auf: Manne kann bleiben. »Ich bin wieder voll im Leben«, sagt der damals schon 85-Jährige noch im Gerichtssaal zu »nd«.

Ruhe hat Moslehner aber auch seitdem nicht. »Manne war einer der Ältesten von uns, und derjenige, der von den Gerichten am unnachgiebigsten bearbeitet wurde«, sagt Hartmut Lenz, der seinerseits seit der Geburt vor 73 Jahren in der Siedlung lebt und Moslehner auf seinem letzten Weg betreut hat. Auch in diesem Jahr ging es wieder vor Gericht. Ein weiterer Termin hätte im Juli angestanden, sagt Lenz.

»Die Gerichte haben von den Härtefallregeln keinen Gebrauch gemacht, wohl weil sie den Eindruck hatten, dass Manne einzig aus einer Blockadehaltung in seiner Wohnung bleiben wollte«, sagt Moslehners Nachbar Lenz. Tatsächlich sei es aber Mannes Angst gewesen, die diesen dazu bewegt habe, »drin zu bleiben«, die Angst, sich nach einem Auszug die künftige Miete nicht mehr leisten zu können.

»Selbst wenn zwei, drei Monate mal nichts war, die Angst kriegst du nicht raus, gerade nicht in dem Alter.«

Hartmut Lenz langjähriger Nachbar und Weggefährte von Manfred Moslehner

»85 Jahre sind ein gutes Alter«, sagt Lenz. »Mannes psychischer Verfall hatte damit aber nichts zu tun.« Es sei die Angst gewesen, die er nicht mehr aus dem Kopf bekommen habe, »selbst wenn zwei, drei Monate mal nichts war«.

Als verbliebene Mieter*innen am Steinberg müssten sie nun noch weiter zusammenrücken, sagt der langjährige Begleiter von Moslehner. »Mit Blick auf die in Aussicht stehenden Profitmargen werden die Eigentümer nicht lockerlassen. Das sagt uns unsere Erfahrung.«

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Es sei eine Schande, wenn so betagte Menschen aus reinem Profitwahnsinn bis zum letzten Atemzug kämpfen müssten, um zu Hause sterben zu können, teilt die Initiative »Siedlung am Steinberg kämpft« mit. »Wir trauern um Manne und kämpfen in seinem Sinne weiter, denn es gibt noch mehr Senior*innen mit Existenzängsten und ähnlichen Sorgen in der Siedlung am Steinberg und anderswo.«

Am 26. Mai kam Moslehner nach einem Zusammenbruch in ein Krankenhaus, in dem er am vergangenen Freitag am späten Abend verstarb. Einen Termin für die Beerdigung gibt es noch nicht. Angehörige hat Moslehner keine mehr. Lenz sagt: »Für uns als Außenstehende ist es schwierig, die Beerdigung zu organisieren. Wir setzen dennoch alles daran, dass Manne in Begleitung von uns als seinen nächsten Gefährten würdig bestattet wird.«

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