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Charité-Tochter: Verdi und CFM vor Tarifvertrag
Ab 2030 sollen die Beschäftigten der CFM die gleichen Löhne wie die Kollegen bei der Charité bekommen
Nach 48 Streiktagen tüten die Beschäftigten der Charité-Tochtergesellschaft CFM (Charité Facility Management GmbH) aller Wahrscheinlichkeit nach einen Erfolg ein. Der Tarifvertrag, der eine stufenweise Angleichung der CFM-Löhne an das Niveau ihrer Kolleg*innen am landeseigenen Universitätsklinikum sichert, ist zum Greifen nahe. Die Verhandlungsführerin der Gewerkschaft Verdi, Gisela Neunhöffer, bestätigte eine entsprechende Einigung. Diese Einigung ist Verdi zufolge nach einem »dreitägigen Verhandlungsmarathon« in der Nacht zum Freitag erzielt worden. Die Gewerkschaftsmitglieder müssen noch zustimmen.
Den Angaben zufolge sollen die Löhne der CFM-Beschäftigten bis Anfang 2030 stufenweise auf die im Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes des Bundes und der Kommunen (TVöD) geregelte Höhe ansteigen. Die Angleichung ist in dem Sinne dynamisiert, dass künftige Lohnerhöhungen im TVöD für die CFM automatisch mit gelten würden. Die nun getroffene Vereinbarung sieht eine Mindestlaufzeit des neuen Haustarifvertrags bis Ende 2030 vor. Ab dann können Arbeitgeber und Gewerkschaft den Tarifvertrag kündigen. In dem Fall würde sich die Anbindung lösen und das Tarifniveau zunächst stehen bleiben.
»Wir haben einen Riesenfortschritt erreicht: die Vereinbarung über eine 100-prozentige dynamische Anbindung der CFM-Entgelte an den TVöD.«
Gisela Neunhöffer (Verdi) Gewerkschaftssekretärin
Verdi-Verhandlungsführerin Gisela Neunhöffer bezeichnet das nun erreichte Ergebnis als einen »Riesenfortschritt«. Zur Wahrheit gehöre aber auch, sagt sie, dass keine Angleichung an die weiteren im Manteltarifvertrag vereinbarten Arbeitsbedingungen und an die im TVöD verbesserten Eingruppierungsregelungen vereinbart wurden. »Hier stehen wir in den nächsten Jahren noch vor einer großen Aufgabe«, erklärt Neunhöffer. Zusätzlich wurde für Verdi-Mitglieder bis 2029 jeweils ein Sonderurlaubstag pro Halbjahr vereinbart.
Die Nachrichtenagentur »dpa« zitierte die CFM-Geschäftsführerin Juliane Kaufmann mit den Worten: »Wir freuen uns, nach den intensiven Tarifverhandlungen nun zu einer Einigung gekommen zu sein. Das ist eine gute Nachricht für die Mitarbeitenden der CFM. Insgesamt haben wir damit einen guten Kompromiss gefunden, die Mitarbeitenden in den unteren Lohngruppen deutlich besser zu stellen und gleichzeitig eine attraktive Vergütung für Fachkräfte zu erreichen.«
Laut »Tagesspiegel« würde die angebahnte Tarifeinigung Mehrkosten für die Charité in Höhen von rund 200 Millionen Euro in den nächsten sechs Jahren nach sich ziehen. »Die CDU-SPD-Koalition steht in der Pflicht, die Charité bei der Umsetzung der Überführung der CFM in den TVöD finanziell und organisatorisch zu unterstützen«, erklärte Tobias Schulze, Linksfraktionschef im Abgeordnetenhaus. Er begrüße die Einigung, die das Ergebnis »eines langen Kampfes der Beschäftigten« sei.
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SPD und CDU hatten sich im Koalitionsvertrag eigentlich auf eine Wiedereingliederung der Tochtergesellschaften der landeseigenen Krankenhäuser Vivantes und Charité verständigt. Eine Arbeitsgruppe im Senat hatte die Kosten hierfür allein für die CFM auf 42,5 Millionen Euro im Jahr geschätzt. Ausgaben die dem in der Landeshaushaltsordnung festgeschrieben Wirtschaftlichkeitsprinzip widersprechen würden. Mit einer Reintegration wäre die Charité laut Senat dazu gezwungen, Leistungen günstiger am Markt einzukaufen, mit der Konsequenz, dass dann Arbeitsplätze der CFM verloren gehen würden.
Bei der CFM arbeiten rund 3500 Menschen in den Bereichen Mitarbeiter- und Patientenverpflegung, Reinigung, Medizin- und Betriebstechnik, Sicherheit, Kranken- und Wirtschaftstransport, Lager, Zentralsterilisation sowie Verwaltung. Der neue Tarifvertrag würde für 3200 Beschäftigte gelten. Für 300 Beschäftigte der CFM gilt der TVöD bereits. Sie sind Angestellte der Charité und für Tätigkeiten der CFM entsandt. Mit den langen Streiks führten die Mitarbeiter*innen immer wieder vor Augen, dass ein normaler Krankenhausbetrieb ohne die Arbeit der Servicegesellschaft nicht möglich wäre. Verdi zufolge liegt die Lohnlücke zum TVöD bei derzeit bis zu 700 Euro im Monat.
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