Diplomatisches Störfeuer gegen Kuba

USA-Geschäftsträger Mike Hammer verärgert Havanna mit seinen Provokationen

  • Andreas Knobloch, Havanna
  • Lesedauer: 5 Min.
Mike Hammer sorgt als US-Vertreter in Kuba für viel Ärger
Mike Hammer sorgt als US-Vertreter in Kuba für viel Ärger

Die diplomatischen Scharmützel zwischen Kuba und den USA setzen sich fort. Der Geschäftsträger der Vereinigten Staaten, Mike Hammer, wurde inzwischen mehrfach vom Außenministerium Kubas einbestellt, »um ihn auf sein seit seiner Ankunft in Kuba an den Tag gelegtes einmischendes und unfreundliches Verhalten hinzuweisen, das einem Diplomaten nicht angemessen ist und gegenüber dem kubanischen Volk respektlos ist«.

Der Direktor für bilaterale Angelegenheiten der US-Generaldirektion des kubanischen Außenministeriums, Alejandro García del Toro, besuchte am 30. Mai die US-Botschaft in Havanna und übermittelte eine verbale Protestnote, in der er Hammers Verhalten entschieden zurückweist. Dieses verstoße gegen das Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen und stehe im Widerspruch zu dem Abkommen über die Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen beiden Regierungen.

US-Vertreter trifft sich mit kubanischen Dissidenten

Hammer hatte mit Besuchen bei Dissidenten und Angehörigen von Inhaftierten und Kommentaren den Unmut der kubanischen Regierung auf sich gezogen. Von der US-Botschaft in den sozialen Netzwerken verbreitete Videos zeigen Hammer neben »Hausbesuchen« beim Dominospielen mit Kindern in Camagüey oder beim Besuch des Grabmals des kubanischen Nationalhelden José Marti in Santiago de Cuba.

García del Toro warf dem US-Missionschef ein »provokatives und unverantwortliches Verhalten« vor, wenn er kubanische Bürger zur Unterstützung der Interessen und Ziele einer feindlichen ausländischen Macht auffordert. »Die Immunität, die er [Hammer, Anm.] als Vertreter seines Landes genießt, kann nicht als Deckmantel für Handlungen benutzt werden, die der Souveränität und der inneren Ordnung des Landes, bei dem er akkreditiert ist, in diesem Fall Kuba, zuwiderlaufen«, heißt es in einer vom kubanischen Außenamt veröffentlichten Erklärung. Das US State Department verteidigte Hammers Vorgehen. »Wir werden uns weiterhin mit kubanischen Patrioten, religiösen Führern und denjenigen, die für die Freiheiten der Kubaner kämpfen, treffen«, sagte ein Beamter gegenüber Reuters.

Kuba inmitten einer schweren Wirtschaftskrise

Die wachsenden bilateralen Spannungen kommen zu einem Zeitpunkt, an dem Kuba in der schwersten Wirtschafts- und Energiekrise seit Jahrzehnten steckt. Die kubanische Regierung macht dafür zum Teil die seit mehr als sechs Jahrzehnten bestehende US-Blockade verantwortlich, da diese Finanztransaktionen, Handel, Tourismus und die Einfuhr von Treibstoff behindert. »Die US-Botschaft in Havanna, ein historisches Instrument der Subversion, versucht, mit ihren Provokationen zum Zünder einer bilateralen Krise zu werden, die zum Abbruch der ›diplomatischen Beziehungen‹ zwischen den beiden Ländern führen könnte«, kommentierte das staatliche Onlineportal Cubadebate.

Wenige Tage zuvor hatte Hammer auf einer Pressekonferenz in Miami davon gesprochen, die Mehrheit der Kubaner, einschließlich Beschäftigter im Staatsapparat, hätten anerkannt, »dass die Revolution gescheitert ist«. »Die Menschen erkennen an, dass das kubanische Regime verantwortlich ist, es hat nichts mit der Politik der USA zu tun«, so der 61-jährige Hammer, der seit sechs Monaten Leiter der US-Botschaft in Havanna ist. Dem widersprach die kubanische Regierung vehement und per Faktencheck.

USA drehen weiter an der Sanktionsschraube

Johana Tablada, Leiterin der US-Abteilung im kubanischen Ministerium, warf Hammer vor, gezielt Ressentiments zu schüren. »Hammers Äußerungen waren nicht Teil einer neutralen Pressekonferenz, sondern vielmehr eine sorgfältig inszenierte politische Operation, die darauf abzielte, einen Diskurs über Kuba als gescheiterten Staat zu installieren und die Trump-Administration und [US-Außenminister] Marco Rubio so darzustellen, als seien sie ›Verbündete des kubanischen Volkes‹.«

Hammer kündigte vor den Journalisten in Miami auch weitere US-Sanktionen gegen Kuba an. Seit ihrem Amtsantritt Ende Januar hat die Trump-Regierung die Sanktionsschraube gegen Kuba wieder angezogen. Bereits an Tag 1 seiner Präsidentschaft machte Donald Trump die Streichung Kubas von der »Liste staatlicher Sponsoren des Terrorismus« wieder rückgängig. Die Listung geht unter anderem mit massiven Beschränkungen beim Zugang zu den Finanzmärkten und internationalen Finanztransaktionen einher. Hinzu kommen die Verschärfung der Vorschriften für Rücküberweisungen von Auslandskubanern sowie die Streichung von Einwanderungsprogrammen aus der Ära Biden.

Washington behandelt Kuba wie abhängiges Gebiet

Seit Mitte Mai führt das US-Außenamt Kuba außerdem wieder auf einer Liste von Ländern, die nach Ansicht Washingtons »nicht vollständig mit den US-Bemühungen zur Bekämpfung des Terrorismus kooperieren«. Im Zuge der Einreisebeschränkungen Anfang Juni gegen 19 Länder gehört Kuba zwar nicht zu den zwölf Ländern, die mit einem kompletten Einreiseverbot belegt wurden, aber »die Einreise in die Vereinigten Staaten von Staatsangehörigen Kubas als Einwanderer und als Nichteinwanderer mit den Visa B-1, B-2, B-1/B-2, F, M und J wird ausgesetzt.« Das trifft Geschäfts- und Besuchsvisa ebenso wie Austausch- und Studentenvisa. Ein schwerer Schlag für die Reisemöglichkeit von Kubanern.

Zudem ermöglicht Trump erneut Schadensersatzklagen vor US-Gerichten gegen Unternehmen, die nach der Revolution verstaatlichten Besitz nutzen. Beamte aus Drittländern, die an Kooperationsprojekten mit Kuba beteiligt sind sowie deren Familienmitglieder, sollen mit Visabeschränkungen belegt werden. Damit zielt die US-Regierung auf die kubanischen Ärztemissionen im Ausland, eine der wenigen Finanzierungsquellen der Insel. Hammers Provokationen scheinen nun die nächste Sanktionsstufe einzuläuten.

»Historisch gesehen sind die Vereinigten Staaten der Meinung, dass Kuba ihnen gehört, aber in Wirklichkeit ist es eine Unfähigkeit, zu akzeptieren, dass Kuba ein souveräner Staat ist und das Recht hat, ein solcher zu sein«, sagte Kubas Vize-Außenminister Carlos Fernández de Cossío, Anfang Mai in einem Interview mit der mexikanischen Tageszeitung »La Jornada«. Während die Trump-Regierung praktisch die ganze Welt mit Zolldrohungen überziehe, sei gegen Kuba »der Angriff bereits im Gange, und alles, was noch fehlt, ist eine militärische Aggression«.

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