- Berlin
- Haushalt
Karl Marx und der Doppelhaushalt
Brandenburgs Landtag stimmt über den Etat ab, und der Finanzminister spricht von Sein und Bewusstsein
»Bislang habe ich immer als Einzelperson auf einen Landeshaushalt geschaut – als Richter, als Vater, als Mitglied eines Sportvereins«, sagt am Mittwoch Brandenburgs Finanzminister Robert Crumbach (BSW). Natürlich habe er sich da regelmäßig mehr Geld gewünscht für die Justiz, die Bildung und den Sport. »Ich habe keins dieser berechtigten Anliegen aus dem Blick verloren«, versichert der Politiker. »Jetzt allerdings bin ich in einer anderen Rolle.« Crumbach erinnert an den Philosophen Karl Marx und dessen Erkenntnis, dass das Sein das Bewusstsein bestimme. »Am Ende muss der Haushalt ausbalanciert sein.«
Am Mittwochnachmittag hat der Landtag damit begonnen, Stück für Stück über den überfälligen Doppelhaushalt 2025/26 abzustimmen. Am Freitag soll er beschlossen werden.
nd.Muckefuck ist unser Newsletter für Berlin am Morgen. Wir gehen wach durch die Stadt, sind vor Ort bei Entscheidungen zu Stadtpolitik – aber immer auch bei den Menschen, die diese betreffen. Muckefuck ist eine Kaffeelänge Berlin – ungefiltert und links. Jetzt anmelden und immer wissen, worum gestritten werden muss.
CDU-Fraktionschef Jan Redmann wirft SPD und BSW vor, sie machten ohne Konzept Rekordschulden. Damit belaste die Koalition kommende Generationen. »Sie haben ein paar linke Volkswirte gefunden, die ihren Kurs teilen«, gesteht Redmann zu. Aber sonst seien alle Fachleute der Meinung, dass es so nicht gehe. Redmann spricht von einem »volkswirtschaftlichen Blindflug« und von »Schuldenmacherei«. Er sagt: »Dieser Haushalt ist nicht zustimmungsfähig.«
Dagegen betont SPD-Fraktionschef Björn Lüttmann, kein Experte habe Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Haushalts. Die Opposition solle deshalb vorsichtig sein mit dem Vorwurf »Schuldenorgie«. Lüttmann verweist auf »schwierige finanzielle Rahmenbedingungen«. Nun sollen Rücklagen aufgebraucht und Schulden gemacht werden – und weil das nicht reicht, gibt es auch noch eine sogenannte globale Minderausgabe. Das bedeutet, die Ministerien müssen noch irgendwie und irgendwo Millionensummen einsparen.
Zum Haushaltsentwurf von Finanzminister Crumbach haben die Abgeordneten von SPD und BSW noch mehr als 80 Änderungsanträge gestellt. Angesichts des begrenzten finanziellen Spielraums blieb ihnen jedoch nicht viel mehr übrig, als Mittel umzuschichten. Wenn sie für eine Sache mehr Geld geben wollten, mussten sie es also woanders wegnehmen.
»Sie haben ein paar linke Volkswirte gefunden, die ihren Kurs teilen.«
Jan Redmann CDU-Fraktionschef
»Sie manipulieren die Konjunkturprognose«, wirft AfD-Fraktionschef Hans-Christoph Berndt der Koalition vor. Aus der von der Landesverfassung zugelassenen Ausnahme, in Krisen Kredite aufzunehmen und so neue Schulden zu machen, werde die Regel. SPD und BSW fehlten Mut und Kraft, mit dem vorhandenen Geld auszukommen, obwohl es ein beachtliches Plus bei den Steuereinnahmen gebe. Berndt schimpft und schimpft über das 1998 angesichts grassierender rechter Gewalt verabschiedete Handlungskonzept »Tolerantes Brandenburg«, dem seine AfD gern das Geld streichen würde. Ihn freut dabei, dass es in 15 Jahren »einen Dreck bewirkt« habe, denn die AfD werde stärker und stärker. Die Formulierung »einen Dreck bewirkt« kreidet Landtagsvizepräsident Daniel Münschke (AfD) ihm an und bittet um eine sachlichere Ausdrucksweise. Vorher hatte schon die SPD-Abgeordnete Ines Seiler mit einer Zwischenfrage erfahren wollen, wann Hans-Christoph Berndt wie angekündigt endlich zur Sache, dem Haushalt, reden werde.
Dass die Opposition die Haushaltsdebatte nutzt, um zu sagen, was sie anders machen würde, sei völlig in Ordnung, findet BSW-Fraktionschef Niels-Olaf Lüders. »Unseriös und verantwortungslos« sei es aber, wenn dabei die finanzielle Lage ausgeblendet werde. Ein »durchschaubares Theater« ist für Lüders, dass die CDU Kürzungen und gleichzeitig Kredite kritisiert. Zu verkraften seien nun einmal die Folgen der für Deutschland schädlichen Sanktionen gegen Russland und die schlechte Wirtschaftspolitik der alten Bundesregierung. Übrigens halte leider auch die neue Bundesregierung an den Sanktionen fest.
Andere Zeitungen gehören Millionären. Wir gehören Menschen wie Ihnen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört ihren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die durch ihren Beitrag unseren Journalismus für alle zugänglich machen: Hinter uns steht kein Medienkonzern, kein großer Anzeigenkunde und auch kein Milliardär.
Dank der Unterstützung unserer Community können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ Themen ins Licht rücken, die sonst im Schatten bleiben
→ Stimmen Raum geben, die oft zum Schweigen gebracht werden
→ Desinformation mit Fakten begegnen
→ linke Perspektiven stärken und vertiefen
Mit »Freiwillig zahlen« tragen Sie solidarisch zur Finanzierung unserer Zeitung bei. Damit nd.bleibt.