Roland Meister: Anwalt von Beamten verletzt

Essen: Roland Meister wurde während der Kundgebung gegen einen Neonazi-Aufmarsch von Polizisten unvermittelt umgestoßen

Roland Meister unmittelbar nach dem polizeilichen Übergriff, die Hände auf dem Rücken mit Handschellen gefesselt.
Roland Meister unmittelbar nach dem polizeilichen Übergriff, die Hände auf dem Rücken mit Handschellen gefesselt.

Alter schützt nicht vor Polizeigewalt. Das musste Roland Meister schmerzlich erfahren. Während einer Kundgebung gegen einen Neonaziaufmarsch in Essen am 13. Juni, die er selbst angemeldet hatte, wurde der 72-Jährige von Beamten unvermittelt von hinten zu Boden gestoßen. Antifaschisten fordern nun Konsequenzen und Aufklärung, wie es dazu kommen konnte.

Meister ist Jurist und arbeitet in einem Anwält*innenkollektiv in Gelsenkirchen und engagiert sich seit Langem gegen rechte Gewalt, auch mit Aktionen zivilen Ungehorsams. Am 13. Juni blockierten Antifaschisten eine Demonstration von Neonazis auch durch eine Straßenblockade. Die Jungen Nationalisten, Jugendorganisation der Partei Die Heimat, ehemals NPD, wollten an diesen Tag zum dritten Mal in kurzer Zeit durch den migrantisch geprägten Essener Stadtteil Kray ziehen.

Meister hatte für eine antifaschistische Stadtteilinitiative auf der Route der Rechten eine Gegenkundgebung angemeldet. Die wurde aber von den Behörden verboten. Trotzdem protestierten viele Menschen gegen den Aufzug der Neofaschisten, auch Meister. Er sei von Polizeikräften mehrmals darauf hingewiesen worden, dass die vom ihm angemeldete Versammlung untersagt sei, berichtet die Antirassistische Anwohner/inneninitiative Essen-Kray. Plötzlich sei Meister mitten in einem Gespräch mit Beamt*innen »ohne weitere Vorwarnung von hinten massiv von einem Polizisten in den Rücken gestoßen« worden. Dadurch sei er gestürzt. »Er prallte mit voller Wucht mit den Knien und der Stirn auf die Pflastersteine und erlitt sofort blutende Wunden an beiden Knien und am Kopf«, heißt es in einer Presseerklärung der Anwohner*inneninitiative.

Mindestens zwei Beamte fixierten den am Boden liegenden Anwalt unmittelbar darauf am Boden, indem sie ihm ihre Knie auf Nacken und Rücken drückten und legten ihm Handschellen an. »Anwohner bemerkten, dass er keine ausreichende Luft bekam. Trotzdem wurde zunächst nicht von ihm abgelassen«, monieren die Antifaschist*innen. Zeug*innen seien durch die Beamt*innen zunächst daran gehindert worden, den Vorfall zu fotografieren. Meister erlitt eine Gehirnerschütterung und Verletzungen am ganzen Körper. Er musste im Krankenhaus behandelt werden.

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Roland Meister ist ein bekannter linker Anwalt und hat immer wieder Antifaschist*innen, Migrant*innen, aber auch streikende Arbeiter*innen verteidigt, wenn sie von Repression betroffen waren. Deswegen geriet er auch selbst ins Visier der staatlichen Repressionsapparate. So prüfte die Generalbundesanwaltschaft in Hamm im Jahr 2023 sogar, ob er sich in seiner Anwaltstätigkeit der Volksverhetzung schuldig gemacht hat. Dabei ging es um das von der Stadt Weimar erlassene Verbot einer Gedenkveranstaltung zum 75. Todestag des ehemaligen KPD-Vorsitzenden Ernst Thälmann am 18. August 2019. Diese sollte am Ort seiner Hinrichtung durch die Nazis im ehemaligen KZ Buchenwald stattfinden. Meister hatte gegen das Verbot nachträglich eine erfolgreiche Klage eingereicht und dabei auch erwähnt, dass sich unter den Gefangenen, die sich nach der Zerschlagung des Nationalsozialismus in Buchenwald befanden, viele ehemalige Nazis waren, was zu den Ermittlungen führte, die aber schnell eingestellt wurden.

Dazu trug auch eine bundesweite Solidaritätsbewegung bei, die sich für den engagierten Juristen einsetzte. Auch die jüngste Polizeigewalt gegen den 72-jährigen Juristen wird von linken Gruppen und Einzelpersonen scharf verurteilt. Dazu gehört auch Alassa Mfouapon, der 2018 als Teil einer migrantischen Selbstorganisation ins Visier der Repression in Deutschland geriet und nach Italien abgeschoben wurde. Heute lebt er wieder in Deutschland und engagiert sich in antifaschistischen Zusammenhängen. »Ich bin zutiefst schockiert über die Gewalt, die einem bekannten und respektierten Rechtsanwalt bei der Ausübung seines demokratischen Rechts auf Protest gegen einen faschistischen Aufmarsch widerfahren ist«, erklärte Alassa Mfouapon. Die Angelegenheit wird auch noch ein juristisches Nachspiel haben. Roland Meister will gegen die Polizist*innen klagen.

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