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Linke verschiebt Demo: Bis zur letzten Fahne
Die Linke vertagt ihre Großdemonstration zu Palästina auf September
Die Linke verschiebt ihre geplante Demonstration zur Lage in Palästina auf die Zeit nach der Sommerpause. Eigentlich hatte der Parteivorstand im Juni beschlossen: »Der Krieg in Gaza muss in die deutsche politische Öffentlichkeit getragen werden. Deshalb wollen wir zu einer Demo oder Kundgebung im Juli aufrufen und gemeinsam mit unseren Bündnispartnern, mit denen wir dazu bereits Gespräche führen, dahin breit mobilisieren.«
Wie der »Tagesspiegel« berichtete, müsse die Veranstaltung aus »organisatorischen Gründen« verschoben werden. In einem Interview auf dem Youtube-Kanal »Jung und Naiv« erklärte die Parteichefin der Linken, Ines Schwerdtner, Näheres: Das Bündnis sei nicht in der Lage gewesen, die Organisation zeitig zu stemmen. Man habe sich nicht einigen können und könne daher nicht »guten Gewissens sagen, hier gibt’s keine Hamas-Fahnen«.
Woran genau eine Einigung gescheitert ist, erklärte Schwerdtner indes nicht. Auch ob es sich um eine Meinungsverschiedenheit innerhalb der Partei oder mit Bündnispartnern handelte, blieb offen. Nur so viel: Verschiedene Bündnispartner hätten unterschiedliche Positionen dazu vertreten, ob palästinensische Gefangene ebenfalls als Geiseln und der Genozid in Gaza als eben solcher zu bezeichnen sei.
Janis Ehling, Bundesgeschäftsführer der Linken, sprach gegenüber »nd« von »Abstimmungsbedarf« innerhalb eines großen Bündnisses mit verschiedenen Organisationen. »Wir wollen sicherstellen, dass keine antisemitischen Parolen gerufen werden«, so Ehling. Maßstab dafür sei die Jerusalemer Erklärung, jene Antisemitismus-Definition, für die die Linkspartei auf ihrem Parteitag im Mai gestimmt hat. Weiter betont der Bundesgeschäftsführer, dass sich trotz der Verschiebung nichts am Ziel geändert habe, palästinensische und israelische Stimmen für den Frieden hörbar zu machen und auf das »unendliche Leid, das durch die Kriegsverbrechen der israelischem Armee in Gaza verursacht wird«, aufmerksam zu machen.
Im »Jung und Naiv«-Interview führte Parteichefin Schwerdtner weitere Gründe für eine Demonstration an: Drei Viertel der Deutschen betrachten die Kriegsverbrechen Israels als zu weitgehend. Genau diese Mehrheit gelte es zu erreichen, schließlich sei es bisher nicht gelungen, mit palästinasolidarischen Positionen im politischen Berlin so durchzudringen, dass die anderen Parteien nicht mehr anders können, als ihre Politik zu ändern.
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In anderen europäischen Ländern habe es bereits deutlich größere Proteste gegen. Die Umsetzung eines solchen Protests »ist in der deutschen Situation – mit der Staatsräson, in deren Namen extrem viel mehr die Solidarität für Palästina repressiv unterdrückt wird – extrem viel schwieriger«. Auch deshalb sei eine genaue Abstimmung wichtig. Man müsse den Parteimitgliedern sagen können: »Ihr könnt da hinfahren, da wird nichts passieren.«
Dennoch zeigte Schwerdtner Verständnis für die Kritik an der Verzögerung des Protests: »Ich verstehe auch alle, die sagen, die Kinder in Gaza haben keine Sommerpause.« Trotzdem stehe man in der Verantwortung, Palästina-Solidarität einer breiten Mehrheit zugänglich zu machen. Es gelte, »möglichst viele Menschen mitzunehmen«.
Unterdessen inszeniert sich das BSW sich als Retter in der Not und versucht, aus der Verschiebung der Linke-Demonstration Kapital zu schlagen: Während die Linke und ihre Bündnispartner ihre Demonstration wohl erst im September abhalten, plant das BSW Ende Juli in Leipzig eine eigene Palästina-Kundgebung als Alternative. In den sozialen Medien schreibt das BSW: »Während in Gaza weiter gestorben wird, macht die Linkspartei Sommerpause.« Der Linken wirft es »politische Kalkulation« und Rückgratlosigkeit statt »echter Solidarität« vor. »Wer wirklich für Frieden ist, muss es auch dann sein, wenn es unbequem wird«, heißt es weiter. Als Hauptrednerin der Kundgebung ist Sevim Dağdelen angekündigt, die außenpolitische Sprecherin des BSW.
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