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CDU zu Paragraf 218: Gegen den eigenen Strich
Steht die Union beim Thema Abtreibung zum Koalitionsvertrag?
Wenn das mal nicht nach hinten losging: Die Vorbehalte der CDU gegen die Verfassungsgerichtskandidatin Frauke Brosius-Gersdorf beruhten wesentlich auf ihrer Haltung zu Schwangerschaftsabbrüchen. Genauer gesagt, zu ihrer Position, dass Abtreibungen innerhalb der ersten 12 Wochen rechtmäßig sein sollten. Blöd nur für die Christdemokraten, dass die Juristin sich dabei auf den Koalitionsvertrag beruft. Da ist zu lesen: »Wir erweitern dabei die Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenversicherung über die heutigen Regelungen hinaus.«
Weil das Bundesverfassungsgericht entschieden habe, dass die Krankenkassen nur zahlen müssen, wenn ein Abbruch rechtmäßig ist, »geht auch dieser Koalitionsvertrag davon aus, dass der Schwangerschaftsabbruch in der Frühphase rechtmäßig ist«, folgert Brosius-Gersdorf.
Das wirft zwei Fragen auf: Erstens, ist diese Auslegung richtig? (Lesen Sie hier mehr dazu!) Und zweitens: Wie gelangt ein Satz, der die Union so sehr in die Bredouille bringt, überhaupt in den Koalitionsvertrag? Die Sache scheint brisant: Mehreren Medienberichten zufolge handelte es sich dabei um eine kurzfristige Bearbeitung, die es auf den letzten Drücker in die endgültige Fassung geschafft haben soll. In einer vorherigen Version ist von der Kostenübernahme noch nicht die Rede.
»Welche Rechtsfolgen das hat, möglicherweise auch auf den Paragrafen 218 des Strafgesetzbuches, kann ich jetzt nicht abschließend beurteilen«, sagte Friedrich Merz dazu. »Meine Vermutung ist, wir werden daran, jedenfalls deswegen, nichts ändern müssen«, so der Kanzler. Nun muss sich die CDU aber doch, gegen den eigenen Willen, mit dem Abtreibungsparagrafen befassen – und damit, welche Konsequenzen der Satz im Koalitionsvertrag hat. Unter anderen Umständen hätten Union und SPD die Sache im Laufe der Legislatur womöglich weitestgehend im Hintergrund abwickeln könnten.
Doch die CDU war es, die die Personalie Brosius-Gersdorf zum Politikum machte. Offenbar war die Partei so sehr im Kulturkampfmodus gefangen, dass sie darüber vergaß, mit wem sie es zu tun hat.
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