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Mit Merz geht es voran!
Der Kanzler hat den Bürgern nicht zu viel versprochen, findet Andreas Koristka
Als der neue Kanzler vor ein paar Wochen seine Regierungserklärung ins heilige Rund des Bundestags entweichen ließ, spitzten viele Bürgerinnen und Bürger skeptisch die Ohren: »Ich möchte, dass Sie, liebe Bürgerinnen und Bürger unseres Landes, schon im Sommer spüren: Hier verändert sich langsam etwas zum Besseren; es geht voran.« Jetzt ist der Sommer da und man muss neidlos anerkennen: Friedrich Merz hat nicht zu viel versprochen. Wenn man durch die Straßen läuft, kann man schon hier und da ein freundliches Schmunzeln in Gesichtern wahrnehmen, denen vor einiger Zeit die Mundwinkel noch auf Kniehöhe hingen. Denn der längste Kanzler, den Deutschland je hatte (198 Zentimeter!), lässt endlich wieder nach Afghanistan abschieben. Und es gibt Grenzkontrollen!
Sicherlich, das ist nur ein Anfang. Aber jeder Ausländer weniger im Land bringt dem deutschen Volk Entlastung. Es gibt mehr Zahnarzttermine, weniger Messermorde und mehr notdürftige Sitzplätze auf den Treppen der doppelstöckigen Regionalzüge. Die Lebensqualität im Land ist insbesondere durch die Abschiebungen nach Afghanistan deutlich gestiegen. Man hört wieder viel häufiger das unbeschwerte Lachen deutscher Mädels, wenn ihnen die drallen Brüste aus den tiefen Ausschnitten ihrer Dirndl rutschen. Die Angst vor sexuellen Übergriffen ist zwar nicht gänzlich verflogen wie die 81 Straftäter an Bord der Maschine nach Kabul, trotzdem traut sich die deutsche Jugend wieder, nackte Haut zu präsentieren.
Andreas Koristka ist Redakteur der Satirezeitschrift »Eulenspiegel«. Für »nd.DieWoche« schreibt er alle zwei Wochen die Kolumne »Betreutes Lesen«. Alle Texte unter dasnd.de/koristka.
In einem Land, in dem nachweislich jedes Problem – sei es eine einstürzende Brücke oder der Marderschaden am Familienauto – vom Ausländer gemacht ist (die Wissenschaft spricht von »ausländergemachter Totalscheiße«), kann man nur froh sein, dass Friedrich Merz endlich diese grundlegende Frage angepackt hat.
Wenn genug abgeschoben wird, wird bald die Bahn wieder pünktlich fahren, es wird keine Wohnungskündigungen wegen Eigenbedarfs mehr geben und das bestellte Essen fährt ganz allein auf Elektrorädern zu uns, ohne dass es ein dubioser Inder angrabbelt. Wenn genügend Ausländer fort sind, werden die Pegel der Elbe wieder steigen, die Milch wird 20 Cent kosten und am Bahnhof Berlin-Bornholmer Straße wird endlich wieder die Rolltreppe funktionieren.
Die Schultoiletten werden wieder blinken, Volkswagen wird wieder Autos zu annehmbaren Preisen bauen und der Weihnachtsmarkt darf wieder »Weihnachtsmarkt« heißen. Ohne Ausländer werden die Ossis zu Demokraten, Blinde werden sehen und Lahme wieder laufen können. Es wird flächendeckend mobiles Internet im Boizenburger Land geben und an jedem zweiten Freitag Freibier mit Sauerkraut und Klößen. Ohne Ausländer wird es keine AfD mehr geben, weil ihr das wichtigste Thema genommen wurde. Aber eben auch keinen Friedrich Merz, der etwas gegen die vielen Ausländer unternehmen kann.
Deshalb müssen immer auch ein paar Ausländer bleiben, sonst implodiert das politische Konzept der CDU. Aber Friedrich Merz ist sich dessen sicherlich bewusst. Man wird darum noch lange spüren können, wie sich etwas langsam zum Besseren wendet. Es geht voran!
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