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Bürgergeld: Söder befeuert Scheindebatte
Sarah Yolanda Koss über den Diskurs rund ums Bürgergeld
Das Sommerlochthema Nr. 1 – mehr Härte beim Bürgergeld – dreht sich weiter. Wie es die saarländische Piratenpartei ausdrückt: Wenn du glaubst, es geht nicht blöder, kommt aus Bayern Markus Söder. Er fordert nun, Geflüchteten aus der Ukraine das Bürgergeld zu streichen. Beistand erhält er von BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht. Sie sieht durch die Grundsicherung für Ukrainer*innen den Sozialstaat gefährdet. Fast hätte man meinen können, ein funktionierender Sozialstaat stehe für die Verringerung sozialer Ungleichheit. Na ja.
Söders Vorstoß befeuert jedenfalls aus mehreren Gründen eine Scheindebatte. Tatsächlich hat erst ein kleiner Anteil der Ukrainer*innen Arbeit gefunden. Das liegt aber nicht an dem luxuriösen Leben, das sie sich durch den Bürgergeldbezug leisten könnten und das ihnen die Lust auf Arbeit verderbe. Es liegt an den Hürden, die Menschen in den Weg gelegt werden, wenn sie hierherziehen und arbeiten wollen. Zum Beispiel werden in vielen Sparten gute Deutschkenntnisse vorausgesetzt, für Kurse gibt es aber lange Wartezeiten. Den Menschen das jetzt vorzuwerfen, ist zynisch.
Die Kosten, die bisher für das Bürgergeld anfallen, würden durch derlei Maßnahmen auch nicht verschwinden. Vielmehr würden sie zu den Asylbewerberleistungen verschoben. Denn das Streichen von Sozialleistungen schafft nicht automatisch Arbeitsplätze. Besonders dann nicht, wenn die Chancen auf einen Job derzeit kleiner sind als während der Pandemie.
Einsparungen im Bürgergeld sind ohnehin so, als würde der Geschäftsführer einer bankrotten Firma konstant auf Klobürsten-Preisen im Bürogebäude herumreiten. Dabei böten sich viel bessere Debatten an: Wie wäre es statt sinnloser Themen für Sommerlöcher mal mit Steuerschlupflöchern für Großkonzerne?
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