Trostfrauen-Statue: Ari ist keine Privatsache

Erinnerungskultur muss in den öffentlichen Raum, meint Jule Meier.

Tanz von Frauen vor der Friedensstatue »Ari« zum Tag der Trostfrauen unter dem Motto 80 Jahre Kriegsende.
Tanz von Frauen vor der Friedensstatue »Ari« zum Tag der Trostfrauen unter dem Motto 80 Jahre Kriegsende.

46 Jahre. So lange dauerte es, bis die erste »Trostfrau« öffentlich darüber sprach, was sie im Zweiten Weltkrieg erfahren hatte. Kim Hak-Sun ist eine der 200 000 Frauen, die verschleppt, versklavt und sexuell ausgebeutet als »Trostfrau« für das japanische Militär arbeitete.

Hak-Sun löste eine weltweite Protestbewegung aus, die sexualisierte Gewalt im Krieg in die Öffentlichkeit rückte – 1993 war dies erstmals Thema der UN-Weltkonferenz. Seit Hak-Suns Auftritt demonstrieren mittwochs Frauen vor der japanischen Botschaft in Seoul, wo sie die erste Trostfrauen-Statue errichteten.

Seit 2020 steht eine solche auch im Bezirk Mitte. Sie heißt Ari und genauso wie ihre Schwester aus Seoul versuchen lokale und internationale Politiker, die Statue zu entfernen. »Umstritten« lautet dabei ein viel verwendetes Wort. Die Geschichte der Zwangsprostituierten sei nicht so einseitig wie dargestellt. Dabei ist sie gut dokumentiert: Sie füllt ein ganzes Archiv in Amsterdam und ein Museum in Berlin.

»Umstritten« liest man auch in der aktuellen Pressemitteilung zu Ari aus dem Bezirk Mitte. Die Bezirksbürgermeisterin Stefanie Remlinger drückt ihr Bedauern aus, dass der Korea-Verband, der Ari errichtet hat, einen Alternativstandort nicht akzeptiere. Das Bezirksamt bot einen Umzug auf ein nahegelegenes, aber privates Grundstück an. Der Verband lehnte mit der Begründung ab, dass Ari auf öffentlichem Raum stehen müsse. »Das Bezirksamt hält diese Einschätzung für unbegründet«, heißt es von Seiten der Behörde. Dabei beweist die Geschichte der Trostfrauen das Gegenteil: Gesellschaftliche Aufarbeitung braucht den öffentlichen Raum.

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