- Politik
- Rechtsterrorismus
Exit für NSU-Terroristin Zschäpe
Opferangehörige fordern Ausschluss der NSU-Terroristin aus Aussteigerprogramm
Für Semiya Şimşek, Gamze Kubaşık sowie Mandy und Michalina Boulgarides ist das, was sie Anfang des Monats aus Medienberichten erfahren haben, ein Skandal. Beate Zschäpe, zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilte NSU-Terroristin, soll in ein Aussteigerprogramm aufgenommen worden sein. Die vier Frauen, deren Väter vom NSU ermordet wurden, können das nicht nachvollziehen.
Vor wenigen Tagen haben sie bei Campact eine Petition veröffentlicht, mit der sie sich an das Bundesjustizministerium und die Aussteigerberatung »Exit« richten. Die beiden Forderungen der Töchter von NSU-Opfern: »Sofortiger Ausschluss von Beate Zschäpe aus dem Aussteigerprogramm ›Exit‹, solange sie ihr Wissen nicht lückenlos offenlegt.« und »Klare Prioritäten! Unterstützung der Hinterbliebenen und Überlebenden der Mord- und Anschlagsserie des NSU und aller Opfer rechter Gewalt – rechtlich, finanziell, psychologisch und institutionell durch dauerhafte angemessene Opferrenten.«
»Nun müssen wir erleben, wie Beate Zschäpe augenscheinlich dabei unterstützt werden soll, ihre Haftzeit möglichst kurz zu halten.«
Petition der Töchter
In ihrer Petition schreiben Semiya Şimşek, Gamze Kubaşık und Mandy sowie Michalina Boulgarides, dass sie 2018 dabei waren, als Zschäpe zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Nun, gerade einmal acht Jahre später, müssten sie erleben, »wie Beate Zschäpe augenscheinlich dabei unterstützt werden soll, ihre Haftzeit möglichst kurz zu halten«. Zschäpes angeblichen Ausstieg werten die Töchter als »taktisches Manöver«. Die Rechtsterroristin habe keine der über 300 Fragen, die Hinterbliebene ihr im Prozess gestellt haben, beantwortet. »Warum wurden ausgerechnet unsere Väter vom NSU ermordet?«, fragen Şimşek, Kubaşık und Boulgarides. Auch Fragen nach Unterstützer*innen, Netzwerken und Kontakten in Sicherheitsbehörden hat Zschäpe bis heute nicht öffentlich beantwortet. »Zu einem glaubhaften Ausstieg gehört die Offenlegung von sämtlichem Täterinnen-Wissen gegenüber uns Betroffenen, unseren Anwältinnen und den Strafverfolgungsbehörden«, heißt es in der Petition. Hinterzimmergespräche mit Ermittlungsbehörden und dem Verfassungsschutz seien »kein Nachweis« für einen Ausstieg. Zschäpe sei »ohne erkennbare Reue, ohne Bruch mit der rechten Szene, ohne Beitrag zur Aufklärung« bei »Exit« aufgenommen worden.
Das Aussteigerprogramm selbst äußert sich aus »rechtlichen Gründen« nicht zur Aufnahme der NSU-Terroristin. Der erste Versuch, an einem Aussteigerprogramm teilzunehmen, ist es für Beate Zschäpe nicht. Letztes Jahr wollte sie in das Programm des Landes Sachsen aufgenommen werden. Dort lehnte man Zschäpe ab, weil man an ihrer ideologischen Distanzierung zweifelte.
Für Zschäpe gibt es gute Gründe, sich um einen Ausstieg zu bemühen. Im kommenden Jahr wird, nachdem sie inklusive Untersuchungshaft, seit 15 Jahren im Gefängnis sitzt, über ihre endgültige Haftdauer entschieden. Ein Ausstiegsprozess würde sich da vermutlich positiv auswirken. Als Zschäpe 2023 vor dem bayerischen NSU-Untersuchungsausschuss aussagte, distanzierte sie sich oberflächlich vom Rassismus, ließ aber die meisten Fragen offen.
Andere Zeitungen gehören Millionären. Wir gehören Menschen wie Ihnen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört ihren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die durch ihren Beitrag unseren Journalismus für alle zugänglich machen: Hinter uns steht kein Medienkonzern, kein großer Anzeigenkunde und auch kein Milliardär.
Dank der Unterstützung unserer Community können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ Themen ins Licht rücken, die sonst im Schatten bleiben
→ Stimmen Raum geben, die oft zum Schweigen gebracht werden
→ Desinformation mit Fakten begegnen
→ linke Perspektiven stärken und vertiefen
Mit »Freiwillig zahlen« tragen Sie solidarisch zur Finanzierung unserer Zeitung bei. Damit nd.bleibt.