Kaufhauskette Galeria kommt nicht zur Ruhe

Ein Jahr nach dem Neustart des Warenhausunternehmens bleiben Probleme

Diese Filiale in Chemnitz fiel den Schließungsplänen zum Opfer.
Diese Filiale in Chemnitz fiel den Schließungsplänen zum Opfer.

Insolvenzen, hohe Verluste und ständig neue Eigentümer: Beim Warenhauskonzern Galeria steht weiter Krise an. »Wir erkennen kein Konzept, wie es wirklich weitergehen soll«, sagt Dieter (Name geändert), Beschäftigter in einer Filiale im Ruhrgebiet, im Gespräch mit »nd«. Das sei ein schlechtes Zeichen. »Abverkaufte Ware wird verscherbelt«, berichtet der langjährige Mitarbeiter der Warenhauskette. Es komme vor, dass »Kunden uns schon fragen, wann wir denn den Laden zumachen.« Er sage dann stets: »Wir trennen uns nur von zu viel Ware«, könne die Fragen indes verstehen und teile die Sorge.

Vor gut einem Jahr endete das Insolvenzverfahren bei Galeria, es war bereits das dritte innerhalb von vier Jahren. Doch der Handelsriese durchlebt weiterhin finanzielle Schwierigkeiten. 46 der 129 Filialen schließen. Hunderte verloren ihre teils langjährigen Jobs. 2023 hatten die Gläubiger bereits auf Kredite in Höhe von 1,3 Milliarden Euro – also das Gros der Galeria-Schulden – verzichtet. Und auch aktuell sieht es nicht gut aus für die Essener Warenhauskette. Berichten zufolge werden die Umsatzerwartungen nicht erfüllt.

Die Kaufhäuser der früheren Marken Karstadt und Kaufhof, 2024 aufgegangen in Galeria, waren Ankerzentren in vielen Innenstädten. Seit dem Zusammenbruch des Firmenimperiums des bisherigen Eigentümers René Benko haben sich im vergangenen Jahr die Besitzverhältnisse erneut geändert. Ein Zusammenschluss regiert nun Galeria: der ehemalige Dior-Chef und aktuelle Präsident des Fußballclubs Waldhof Mannheim, Bernd Beetz, sowie der US-Investor NRDC Equity Partners mit Richard Baker. Letzterer besitzt auch die kanadische Kaufhauskette Hudson’s Bay, die zuletzt in wirtschaftliche Schieflage geraten war. Galeria versicherte damals in Medienberichten, das Unternehmen sei eigenständig durchfinanziert und stehe damit auf einem stabilen unabhängigen Fundament. Nachfragen von »nd« ließ Galeria unbeantwortet.

Und wie ist es um die 12 000 Beschäftigten bestellt? Galeria kündigte im Herbst vergangenen Jahres an, nicht mit der Gewerkschaft Verdi zu verhandeln, stattdessen eine Art Haustarifvertrag – ein »betriebliches Bündnis« – zu etablieren. Trotz des Aufschreis bei Verdi und Teilen der Politik blieb das Management hart.

nd.Kompakt – unser täglicher Newsletter

Unser täglicher Newsletter nd.Kompakt bringt Ordnung in den Nachrichtenwahnsinn. Sie erhalten jeden Tag einen Überblick zu den spannendsten Geschichten aus der Redaktion. Hier das kostenlose Abo holen.

Damit die Änderung zustande kam, mussten mehr als 90 Prozent aller Mitarbeiter in den noch verbliebenen 83 Filialen in Deutschland und in der Essener Hauptverwaltung zustimmen. Nach einigen Wochen des Verhandelns gab es letztlich breite Zustimmung aus der Gesamtbelegschaft. Das Ergebnis sah einen Inflationsausgleich und stufenweise 8,5 Prozent mehr Gehalt bis 2027 vor. »Es ging um 800 Euro bar auf die Kralle und das kurz vor Weihnachten«, erinnert sich Mitarbeiter Dieter. Und schiebt nach: »Mir war wichtig, dass wir nach der Pleite überhaupt noch einen Job haben.«

»Das war auch ein klares Votum gegen Verdi«, meint Dieter. Er verstehe aber auch die Kollegen, die standhaft geblieben seien. »Es waren aber nur ganz wenige.« Sie zogen für eine flächentarifliche Bezahlung nach dem »Integrationstarifvertrag« vor Gericht. Dieter meint, dass sich kein Unternehmen in der Branche heute noch leisten könne, nach Tarif zu zahlen. Weitere Beschäftigte – darunter Verdi-Mitglieder – sagen, dass die Gewerkschaft in den vergangenen Jahren nicht viel erreicht habe für die Angestellten vor Ort. Auch deshalb habe man »der tariflichen Flucht« zugestimmt.

»Drei Insolvenzen in kurzer Zeit haben dafür gesorgt, dass Galeria-Beschäftigte die Krisen bei Galeria Karstadt Kaufhof immer mitfinanziert haben«, erklärt Verdi. Die neuen Eigentümer, Beetz und Baker, seien mit dem »betrieblichen Bündnis« aus der Zusage ausgestiegen, nach Flächentarifvertrag zu zahlen. Einige Beschäftigte kämpften nun vor Gerichten darum, dass ihnen das nach der letzten Insolvenz durch den Integrationstarifvertrag zustehende Gehalt gezahlt wird. »Es ist beschämend und nicht in Ordnung, dass ein so großer, traditionsreicher Konzern wie Galeria nach Überwindung der Insolvenz vereinbarte Regelungen einfach nicht anwendet und den Menschen nicht das zahlt, was ihnen zusteht.« Verdi setzt darauf, dass die Gerichte dies ebenso sehen.

Wir haben einen Preis. Aber keinen Gewinn.

Die »nd.Genossenschaft« gehört den Menschen, die sie ermöglichen: unseren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die mit ihrem Beitrag linken Journalismus für alle sichern: ohne Gewinnmaximierung, Medienkonzern oder Tech-Milliardär.

Dank Ihrer Unterstützung können wir:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ Themen sichtbar machen, die sonst untergehen
→ Stimmen Gehör verschaffen, die oft überhört werden
→ Desinformation Fakten entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und vertiefen

Jetzt »Freiwillig zahlen« und die Finanzierung unserer solidarischen Zeitung unterstützen. Damit nd.bleibt.