Linke Frauen für die Rathäuser

In Düsseldorf, Bochum und Essen bewerben sich Julia Marmulla, Wiebke Köllner und Liesa Schulz als künftige Oberbürgermeisterinnen

Düsseldorf: Die Erfahrene

Julia Marmulla, 37, OB-Kandidatin in der Landeshauptstadt Düsseldorf, seit 2017 in der Linken aktiv
Julia Marmulla, 37, OB-Kandidatin in der Landeshauptstadt Düsseldorf, seit 2017 in der Linken aktiv

Zur Unterstützung der Kandidatin für das Amt der Rathauschefin in der Landeshauptstadt reiste in den vergangenen Wochen viel Parteiprominenz an: Vor 14 Tagen trat die Ko-Vorsitzende der Linke-Bundestagsfraktion, Heidi Reichinnek, mit Julia Marmulla im Kommunalwahlkampf auf. Am Sonntag kam dann Ko-Parteichef Jan van Aken nach Düsseldorf, um mit der Genossin einen Termin zum Thema sozialer Wohnungsbau wahrzunehmen.

Julia Marmulla engagiert sich schon lange in der Linken. Die 37-jährige Mutter eines kleinen Kindes arbeitet in der Tourismusbranche und ist Vorsitzende der Linksfraktion im Düsseldorfer Stadtrat, der sie seit 2020 angehört.

»Ich habe mich über die Teilnahme an Protesten gegen die Kriege im Irak und Afghanistan politisiert«, sagt sie. Auch heute stehe sie an der Seite der Opfer von Krieg, Ausbeutung und Gewalt. So erhebt sie ihre Stimme für die Menschen in Gaza, die »gezielt ausgehungert werden«. Und ist als Düsseldorferin für eine »Entwaffnung« des heimischen Rüstungsunternehmens Rheinmetall. Sie wünscht sich, dass Rheinmetall keine Kriegswaffen mehr produziere und die Stadt keine Rüstungsmessen mehr veranstalten würde. »Auch, wenn es dafür bislang keine Mehrheiten im Stadtrat gibt, ist es wichtig, ein Zeichen zu setzen für die Zukunft«, betont Marmulla.

»Wir stellen Menschen vor Profite, stehen für kluge Ideen für alle statt Lobbyismus und Stillstand.«

Julia Marmulla Linke-Bewerberin um das Amt der Rathauschefin von Düsseldorf

Dass Familien bezahlbaren Wohnraum in der Stadt finden, hat für sie aktuell Priorität. »In Düsseldorf ist Wohnen für viele Menschen zu teuer geworden; das gilt auch und insbesondere für Familien, Azubis und Studierende.« Dabei sollte das Grundrecht auf eine bezahlbare und langfristig verfügbare Bleibe doch für alle umgesetzt sein, findet Marmulla. Aus ihrer Sicht kommt dabei der Städtischen Wohnungsgesellschaft Düsseldorf (SWD) eine bedeutende Rolle zu. »Die SWD ist dazu da, Menschen mit Wohnungen zu versorgen, und darf keine Gewinne aus der Miete ziehen.« Außerdem fordert Marmulla schärfere Regeln gegen die Zweckentfremdung von Wohnungen für den Tourismus durch Airbnb & Co.

Zusammen mit ihrer Partei stellt sich Marmulla gegen das Prestigeprojekt eines teuren Opern-Neubaus für Düsseldorf und fordert stattdessen den niedrigschwelligen Zugang aller zu Kultur. Sie kritisiert vor allem die hohen Kosten für die Oper und fordert, die Bürger müssten darüber abstimmen.

Als Mutter ist der wortgewandten Frau aus Düsseldorf-Düsseltal wichtig, dass Kinder und Jugendliche mehr am kulturellen, politischen und gesellschaftlichen Leben in der Stadt teilnehmen können. »Deswegen wollen wir die Jugendbeteiligung stärken, das Projekt »Jugend checkt Düsseldorf« stärken, ein Kinderparlament für jeden Stadtbezirk einführen und dem Jugendrat genügend Geld zur Verfügung stellen«, betont sie. Marmulla will also gerade für jene aktiv sein, die bislang zu wenig gehört werden. »Ich würde mich freuen, wenn wir die Möglichkeit hätten, den OB zu stellen«, sagt sie. »Denn wir stellen Menschen vor Profite, stehen für kluge Ideen für alle statt Lobbyismus und Stillstand.«

Bochum: Die Hoffnungsträgerin

Wer Wiebke Köllner kennt, weiß, dass sie keine halben Sachen macht. Kämpferisch, mitreißend und zuweilen euphorisch setzt sich die gelernte Altenpflegefachkraft für ein besseres Bochum ein. Seit sechs Jahren ist sie in ihrem Ausbildungsberuf tätig. Darüber hinaus arbeitet sie mit Alkoholerkrankten und ist freiberufliche Pflegedozentin. In Die Linke ist die 29-Jährige 2017 eingetreten.

Wiebke Köllner, 29, möchte künftig die Bochumer Stadtverwaltung führen.
Wiebke Köllner, 29, möchte künftig die Bochumer Stadtverwaltung führen.

Konkret will die Ko-Sprecherin des Bochumer Kreisverbandes die »Armutsspirale beenden, Wohnen bezahlbar machen, gute Schulen und Gesundheitsversorgung für alle organisieren und die Verkehrswende auf die Reihe bekommen«. Und sie möchte dafür sorgen, dass »Bochum die Bedürfnisse der Menschen ins Zentrum stellt und nicht die Profitinteressen von Miethaien wie Vonovia.« Gesundheits- und Pflegepolitik sind berufsbedingt ihre Schwerpunkte, ebenso die Bildungspolitik.

»Wir wollen die Armutsspirale stoppen, gute Schulen und Gesundheitsversorgung für alle organisieren und die Verkehrswende auf die Reihe bekommen.«

Wiebke Köllner Linke-OB-Kandidatin in Bochum

In einem Video zur Landtagswahl vor drei Jahren sah man sie noch in Latzhose. Die Linke scheiterte damals an der Fünf-Prozent-Hürde. Heute ist die 29-Jährige optisch etwas weniger auffällig unterwegs, will aber das Gleiche erreichen wie damals. Einziger, aber entscheidender Unterschied: Dieses Mal nicht als Abgeordnete im Landtag, sondern als neue Oberbürgermeisterin Bochums. So will sie, dass die Stadt mehr barrierefreie Wohnungen und mehr Pflegekräfte bekommt.

Im Kandidatencheck des WDR beschrieb sie einen »perfekten Tag« noch folgendermaßen: »Ausschlafen, gemütlich frühstücken, danach mit Familie oder Freunden einen Ausflug machen (gerne mit dem Fahrrad zum Kemnader Stausee in Bochum), mittags etwas Leckeres essen (z.B. im Pfannkuchenhof in Witten), abends ins Kino im Bermuda3Eck oder in ein Theaterstück vom Schauspielhaus.« Das mit dem Ausschlafen dürfte sich nach dem 14. September erledigt haben, wenn sich die aktuellen Wünsche Köllners und der Bochumer Linken zur OB-Wahl erfüllen sollten. Auch die Arbeit im Stadtparlament dürfte für eine Linke, die mit mehr Stimmen rechnen kann als bei der letzten Kommunalwahl, herausfordernd sein.

Essen: Das Neumitglied

Politisch aktiv geworden ist Liesa Schulz nicht nach einem einzelnen Ereignis. »Vielmehr durch das Bewusstsein, dass jede Wahl und jede Entscheidung eine politische Haltung ausdrückt – auch die, nicht zu wählen«, sagt die 37-Jährige. Zur Wahl am 14. September tritt die gebürtige Altenessenerin als OB-Kandidatin in Essen an. Wenn das nicht klappt, will sie aber zumindest ein zweistelliges Ergebnis erzielen und so den einen oder anderen in den etablierten Parteien im Stadtparlament ärgern.

Schulz hat einen interessanten Werdegang hinter sich. Erst Kosmetikerin, dann Beamtin und nun Umweltingenieurin bei RWE in Essen. »Wirklich aktiv bin ich nach einer Rede von Heidi Reichinnek Ende Januar geworden«, erzählt sie. Wie so viele. Der Anlass war damals die Abstimmung im Bundestag, bei der die CDU mit der AfD gemeinsame Sache gemacht hat. Schnell war für Schulz, die gerne alte Familienrezepte in vegane Alternativen umwandelt, dystopische Romane liest und wandert, klar: »Wegsehen ist keine Option. Ich habe mich entschieden, in die Partei einzutreten und selbst Verantwortung zu übernehmen.«

»Jeder von uns kann etwas bewegen – egal, ob in der Schule, im Betrieb, auf der Straße oder eben im Ratssaal.«

Liesa Schulz Linke-OB-Kandidatin für Essen

Darüber freuten sich die Essener Genossen. Und bestimmten sie prompt zur OB-Kandidatin. »Eine Ehre, aber auch eine Herausforderung«, sagt Schulz im Gespräch mit »nd«. Intersektionale feministische Politik, der Kampf um soziale und Bildungsgerechtigkeit sind ihr wichtig. Und natürlich »Antirassismus und Antifaschismus«. Aber sie ist keine, die nur Probleme benennt. Sie hat viele konkrete Vorschläge und versucht, »solidarische Lösungen« zu erkämpfen. Im WDR-Kandidatencheck betont sie noch: »Die Stadt darf nicht länger an den Bedürfnissen der Menschen vorbei sanieren.« Und: Sie wolle, dass »Sicherheitspolitik die Menschen schützt und nicht einschüchtert«.

Liesa Schulz, 37, trat im Januar der Linken bei und will jetzt Oberbürgermeisterin von Essen werden.
Liesa Schulz, 37, trat im Januar der Linken bei und will jetzt Oberbürgermeisterin von Essen werden.

Nebenbei möchte Liesa Schulz anhand ihrer eigenen Biografie zeigen, dass niemand »fertig« sein muss, um sich zu engagieren: »Es reicht, den ersten Schritt zu machen. Jeder von uns kann etwas bewegen, egal, ob in der Schule, im Betrieb, auf der Straße oder eben im Ratssaal.«

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