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Das Auge isst mit
Mit einer ausgewogenen mediterranen Ernährung lässt sich nicht nur das Herz schützen, sondern auch die Augen
AMD, Grüner Star und die diabetische Retinopathie (durch Diabetes hervorgerufene Netzhautschädigung) – das sind die häufigsten Augenerkrankungen im Alter, die in Deutschland insgesamt 15 Millionen Menschen betreffen. An der Spitze steht die Altersabhängige Makuladegeneration (AMD). Unter den über 85-Jährigen leiden bis zu 20 Prozent daran. Die Krankheit, der eine Stoffwechselstörung zugrunde liegt, ist die häufigste Ursache für schwere Sehbehinderungen bei Menschen ab 50 Jahren.
Die namensgebende Makula ist eine zentrale Stelle der Netzhaut, die für das scharfe Sehen wichtig ist. Makula lutea als medizinischer Fachbegriff steht für »Gelber Fleck«. Ohne diesen könnten wir nicht lesen, Auto fahren oder Gesichter erkennen. Bei einer AMD bleiben zwar Gegenstände am Rande des Sehfeldes sichtbar, doch auch sie werden nicht gut erkannt. Und das, was man eigentlich fixieren wollte, erscheint nur noch verschwommen oder verzerrt. Bewirkt wird das durch Abfallprodukte, die in jungen Jahren ohne Probleme vom Körper abgebaut werden. Später aber können kleine Ablagerungen davon entstehen. Sie behindern die Versorgung der Netzhaut. Die trockene AMD verläuft eher langsam und ist bis jetzt kaum wirksam behandelbar; die feuchte Variante hingegen führt schneller zu Sehbehinderungen, lässt sich aber gut therapieren.
Bevor jedoch Medikamente oder Laser zum Einsatz kommen oder gar operiert werden muss, wäre es eine gute Idee, die Krankheit zu verhindern oder ihr Voranschreiten zu bremsen. Auch im Falle einer AMD sind Nichtraucher mit einem geringeren Erkrankungsrisiko auf jeden Fall im Vorteil. Aber was ist mit der Ernährung? Dieses Thema ist in Sachen Prävention nicht nur für das AMD-Risiko wichtig. Deshalb wird es auch bei dem diesjährigen Kongress der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft eine Rolle spielen, zu dem sich Experten der Augenheilkunde Ende September in Berlin treffen. Ein ganzes Symposium ist der Wirkung von Nahrungsergänzungsmitteln bei Augenerkrankungen gewidmet, unter anderem auch bei AMD.
Robert Patrick Finger, Direktor der Augenklinik am Universitätsklinikum Mannheim, informierte schon vor dem Kongress über neueste Erkenntnisse zum Thema. »Wer sich mediterran ernährt, hat ein geringeres Risiko, an AMD zu erkranken oder von einer frühen Form in ein Spätstadium überzugehen«, berichtet der Facharzt für Augenheilkunde. Nichts also mit den berühmten Möhren, die für gesunde Augen sorgen sollen: »Dafür gibt es überhaupt keine Evidenz.« Das heißt, es sind keine wissenschaftlichen Studien greifbar, die beweisen, dass das enthaltene Beta-Carotin genügt, um lebenslang eine klare Sicht zu erhalten oder gar bestehende Sehschwächen zu beheben. »Dann müsste dieses Gemüse täglich kiloweise gegessen werden«, vermutet Finger.
Es gehe nicht um einzelne Sorten oder Nahrungsmittel, sondern um ein Muster: Zu einer ausgewogenen mediterranen Ernährungsform gehören reichlich grünes Blattgemüse, buntes Obst, Fisch, Nüsse und Olivenöl als Hauptfettquelle, erläutert der Arzt – kombiniert mit einer insgesamt kalorienbewussten Lebensweise. Eine solche Ernährung reduziere das Risiko von altersbedingten Augenerkrankungen um 30 bis 40 Prozent. Rauchverzicht und ausreichende physische Aktivität, die antientzündlich wirkt, sind weitere Pluspunkte.
Völlig vermeiden lasse sich AMD wohl nicht, sagt der Mediziner: »Würden wir 120 Jahre alt werden, hätten wir das alle.« Ziel sei es also, auch bei einer starken genetischen Komponente lange im Frühstadium zu bleiben. Mit der passenden Ernährungsweise sollte früh begonnen werden. »Es wirkt alles nicht schon morgen, wenn ich erst heute damit anfange«, ergänzt Finger.
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Wenn die AMD doch schon weiter vorangeschritten ist, können hoch dosierte Vitamine und Spurenelemente helfen; diese sollten aber entsprechend den Ergebnissen der Areds-Studie formuliert sein. Demnach könnten Nährstoffe wie Lutein, Zeaxanthin, Zink und Omega-3-Fettsäuren das Fortschreiten einer AMD in bestimmten Fällen bremsen. Entsprechende Präparate seien jedoch kein Ersatz für eine gesunde Ernährung, sondern »allenfalls eine sinnvolle Ergänzung im mittleren Stadium der Erkrankung«.
Bei einer trockenen AMD könnten sogar Statine hilfreich sein, Medikamente zur Senkung des Cholesterinspiegels im Blut. Augenarzt Finger fügt hier jedoch ein großes »Vielleicht« an. Denn es könnte sein, dass nur sehr hohe Dosierungen etwas bewirken würden, wobei dann wiederum mit stärkeren, unangenehmen Nebenwirkungen zu rechnen sei.
Also doch grundsätzlich die Ernährung im Auge behalten: eine mediterrane Diät und besonders grünblättriges Gemüse sowie Omega-3-Fettsäuren verringern auch das Risiko für Grünen Star. Erst recht gehört sie zur Basistherapie von Typ-2-Diabetes, zu deren Folgeerkrankungen die Schädigung der Netzhaut zählt.
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