Verdi im Clinch mit Hafen­betriebsrat

Duisburg: Gewerkschaft versucht beim größten Binnen­hafen der Welt einen flächen­deckenden Tarif­vertrag zu etablieren

Hafenarbeiter in Duisburg sehen sich ausgebeutet.
Hafenarbeiter in Duisburg sehen sich ausgebeutet.

»Wir wollen endlich wieder einen übergreifenden Flächentarifvertrag für den Duisburger Hafen mit dessen Hauptunternehmen, der Duisport AG«, sagt Sören Brandes, Gewerkschaftssekretär von Verdi auf einer Pressekonferenz am Mittwoch im DGB-Haus in Duisburg, Nordrhein-Westfalen. Das sehe auch ein Großteil der Beschäftigten bei Duisport so, argumentiert Verdi selbstbewusst.

Um das zu untermauern, hat die Gewerkschaft eigens eine nicht repräsentative Umfrage unter mehr als 200 Beschäftigten bei Duisport, den Tochtergesellschaften des Betreibers sowie weiteren nicht tarifierten Hafenunternehmen gemacht. 95 Prozent der Befragten sprachen sich für einen Tarifvertrag aus. Duisport bemängelt, Verdi könne unmöglich mit allen Hafenmitarbeitern, vor allem den gewerblichen Arbeitern, gesprochen haben. Denn diese arbeiten nicht nur in Duisburg. Brandes bekräftigt: »Dennoch sind unsere Erfahrungen und Zahlen aussagekräftig und valide, wir stehen täglich mit den Beschäftigten in Kontakt.«

Klare Aussagen Richtung Duisport

Die vier anwesenden Duisburger Hafenarbeiter – Mitarbeiter einer der vielen Duisport-Tochtergesellschaften – wollen anonym bleiben. Sie machen unisono klare Aussagen Richtung Duisport. Ihre Löhne und Arbeitsbedingungen seien schlechter als die der Kollegen in umliegenden öffentlichen Häfen wie in Köln oder Düsseldorf-Neuss. »Was hier abgeht, ist schlimm«, sagt ein Mitarbeiter und schiebt nach: »Wir werden ausgebeutet, und das in einem Betrieb, der öffentlich ist.«

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Tatsächlich gehören Duisburger Hafen und Duisport AG zu einem Drittel der Stadt Duisburg und zu zwei Dritteln dem Land NRW. Daneben gibt es im riesigen Hafen zahlreiche kleinere, private Betriebe, die teilweise nach Tarif bezahlen. »Wieso geht das nicht bei Duisport?«, fragt Niels-Holger Schmidt von Verdi.

An Stadt und Land wolle sich Verdi alsbald wenden. Duisburgs Politik meidet das Thema bislang. Auch im zuständigen Verkehrsministerium in Düsseldorf scheinen die Arbeitsverhältnisse und die vergleichsweise schwache Entlohnung noch keine hohen Wellen geschlagen zu haben.

Duisport behauptet, so Verdi, dass beispielsweise alle Kranführer gleich bezahlt würden. »Das stimmt so nicht«, sagt ein weiterer Hafenarbeiter. »Wir bekommen alle ungleiche Gehälter. Duisport verhandelt mit uns individuell, es gibt keine einheitliche Struktur.« Von Willkür ist die Rede unter den Hafenarbeitern, die anders als Bürokräfte auch kein Weihnachts- und Urlaubsgeld erhielten.

Generell versteht Verdi nicht, wie Duisport darauf komme, »übertariflich« zu bezahlen, wenn de facto kein Tarifvertrag vorliege. Zur Einordnung: Ein Hafenmitarbeiter im Gewerbe bei 40 Wochenarbeitsstunden verdient laut Verdi 2750 Euro Einstiegsgehalt, also deutlich unter 3000 Euro, wie der Duisport-Chef in einem Zeitungsartikel behauptete. In den tarifierten Häfen in Hamburg und Bremerhaven, beides Seehäfen, verdiene ein Kranführer dagegen rund 5000 Euro brutto plus satte Zulagen bei nur 35 Stunden pro Woche.

Gewerkschaft gegen Betriebsrat

Der Duisport-Betriebsrat und Verdi liegen im Clinch. Die Gewerkschaft hatte den Hafen nach knapp 20 Jahren erst 2023 wieder – mit neuem Gewerkschaftssekretär – als Betätigungsfeld erkannt. Das wirft der Betriebsrat Verdi vor. Der vor einigen Jahren gewählte Duisport-Betriebsrat soll indes nicht von gewerblichen Hafenmitarbeitern gestellt werden. Die Betriebsräte erklärten in einem Artikel der »Westdeutschen Allgemeinen Zeitung«, sie stünden im Austausch mit den Hafenarbeitern, und diese würden sich keinen Tarifvertrag wünschen. Verdi zufolge erklärten Beschäftigte, dass der Betriebsrat nie auf sie zugegangen sei.

Sören Brandes von Verdi sagt deshalb unumwunden: »Der Betriebsrat ist ein Kuschel-Betriebsrat.« Seitens Verdi habe es Gesprächsangebote gegeben, diese seien aber vom Betriebsrat nie aufgenommen worden. Mehr noch: »Zu Betriebsversammlungen wurde Verdi bewusst nicht eingeladen.« Der Betriebsrat ließ eine entsprechende »nd«-Anfrage unbeantwortet.

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